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MOGWAI – KIN – The Original Motion Picture Soundtrack

Die Post-Rock-Heroen MOGWAI sind ja ohnehin Meister darin mit ihrer Musik cineastische Klangwelten zu erschaffen. Kein Wunder also, dass sich auch die Filmbranche mittlerweile den Diensten der Schotten bedient, um ihre Bilder und Geschichten mit einer stimmungsvollen Musikuntermalung zu versehen. So auch die beiden Regisseure Jonathan and Josh Baker mit ihrem Debütfilm KIN, dessen Soundtrack aus der Feder MOGWAIs stammt.

MOGWAI – KIN – The Original Motion Picture Soundtrack

KIN ist ein Science-Fiction-Thriller, der mit James Franco und Dennis Quaid durchaus prominent besetzt ist. Passend zum Thema zeigt sich auch der Score des Streifens in einem futuristischen Gewand. Die zumeist getragenen und elegischen Piano-Melodien werden mit sphärischen Keyboard-Teppichen und kargen Beats angereichert. Auch ohne den Film zu kennen, hat man bereits eine Ahnung von dessen Grundstimmung. Klar und kühl erscheint die Atmosphäre, die stilistisch ganz klar aus dem klanglichen MOGWAI-Universum stammt. Bis zum schließenden Track „We’re Not Done (End Title)“, ein Wave-Song, der nicht nur durch seine Gesangslinien heraussticht, taucht man unversehens ins Geschehen ein, das hoffen lässt, dass die dazugehörigen Bilder dieses Niveau zu halten verstehen.

Das MOGWAI ein sicheres Händchen in Sachen Soundtrack besitzen haben sie bereits mit herausragenden Arbeiten bewiesen. Sei es u.a. für den Dokumentarfilm Zidane: A 21st Century Portrait oder die hochgelobte französische TV-Serie Les Revenants. Für alle Fans von MOGWAIs Schaffen ist auch KIN – The Original Motion Picture Soundtrack ein begeisterndes Klangerlebnis, das den regulären Veröffentlichungen in nichts nachsteht.

MOGWAI – KIN – The Original Motion Picture Soundtrack (Rock Action / PIAS / Rough Trade)

(Jens)

DEAFHEAVEN – Ordinary Corrupt Human Love

Mit dem nach Graham Green benannten Ordinary Corrupt Human Love veröffentlichen DEAFHEAVEN ihre vierte Wundertüte, bei der selbst die vertrauteste Hörerschaft im Vorfeld nicht sicher sein kann, was denn wohl drinstecken wird. Die Band aus San Francisco sprengt mittlerweile alle Genrekonventionen und etabliert von Album zu Album ihren ganz eigenen Stil. Aus Black Metal, Postrock und Shoegaze kreieren sie einen Sound, der sich allein der Kunst und großer Emotionen verpflichtet fühlt.

DEAFHEAVEN – Ordinary Corrupt Human Love

Schwelgerisch, ja fast schon verträumt steigen sie mit „You Without End“ ein, das von ausladenden Pianoklängen und zart gezupften Gitarren untermalt wird. Dazu gibt es von Nadia Kury gesprochene Zeilen aus einer Kurzgeschichte des Autors Tom McElravey. Das folgende „Honeycomb“ führt dann so langsam zum „klassischen“ DEAFHEAVEN-Sound über. Das fauchige Gekeife von Frontmann George Clarke übernimmt das Zepter und auch der eine oder andere Blastbeat wird vom Stapel gelassen. Dies alles jedoch bei einer nicht minder melodiösen Gesamtausrichtung. „Honeycomb“ ist eines von vier Stücken, das die 10-Minutengrenze sprengt, und sich dementsprechend Zeit für einen abwechslungsreichen Strukturaufbau nimmt.

Ganz ähnlich sieht es bei „Canary Yellow“ aus, das musikalisch phasenweise an die großen Postrocker von MOGWAI erinnert. Hier verbinden DEAFHEAVEN all ihre Qualitäten, die sie mittlerweile auszeichnen: große Epik, flirrende Sounds und mitreißende Melodien. Etwas Zeit zum Durchatmen gibt das sphärische „Near“, das gänzlich entrückt vor sich hin schwebt. „Glint“ und das abschließende „Worthless Animal“ sind erneut diese übergroßen DEAFHEAVEN-Dramen, die mit jedem Ton und Sekunde an unmittelbarer Vehemenz gewinnen. Ein besonderes Schmankerl ist sicherlich „Night People“, das kürzeste Stück auf Ordinary Corrupt Human Love. Chelsea Wolfe und ihr Kollege Ben Chisolm verleihen ihre Stimmen dieser düster-romantischen Piano-Ballade, die so untypisch für DEAFHEAVEN ist, und dennoch genau so auf diesem Album vertreten sein muss.

Befreit von allen Genregrenzen und Szene-Regularien befinden sich DEAFHEAVEN in ihrem eigenen musikalischen Universum, das nach Perfektion in Wort und Klang strebt. Ordinary Corrupt Human Love ist das erhofft komplexe und eindringliche Werk geworden, auf das man nach Sunbather und New Bermuda hoffen durfte.

DEAFHEAVEN – Ordinary Corrupt Human Love (Anti / Indigo)

(Jens)

DAVID EUGENE EDWARDS & ALEXANDER HACKE – Risha

Eigentlich braucht es nicht mehr als den Bandnamen, um das vorliegende Stück Musik zu beschreiben. Schlicht betitelt nach den beiden Protagonisten, können sich Freunde des musikalischen Schaffens von David Eugene Edwards (Wovenhand) und Alexander Hacke (Einstürzende Neubauten) sicher sein, mit ihrem Kollabo-Album RISHA ungewöhnliche und mindestens mitreißende Klänge präsentiert zu bekommen.

DAVID EUGENE EDWARDS & ALEXANDER HACKE – Risha

Und diesbezüglich enttäuschen die beiden Ausnahmekünstler nicht. Von Beginn an zieht einen das Werk in einen rauschhaften Bann, der sich aus Versatzstücken von Americana, Folk, Industial, Ambient und Ethno speist. Man nehme die erdige und spirituelle Klangwelt Edwards und addiere die Experimentierfreude und Extravaganz eines Alexander Hackes hinzu. Dies ergibt eine existenzielle Reise in entrückte Soundlandschaften, in der die Feder (…auf Arabisch „Risha“) über endlose Weiten der Nordamerikanischen Prärie tänzelt und auf ihrem Weg orientalische Einflüsse mitbringt.

Nach dem sphärischen Einstieg „Triptych“ überrascht „All In The Palm“ mit einem monoton treibenden Industrial-Beat. Es folgt das wohl ungewöhnlichste Stück des Albums. „The Tell“ beginnt und endet lynchesk, dazwischen entfaltet sich eine fast schon an Primus erinnernde Schrägheit. „Helios“ ist ein schleppender Klagegesang und „Kiowa 5“ katapultiert uns direkt in den Kreis einer schamanischen Stammesbeschwörung. Diese Klangvielfalt setzt sich bis zum schließenden „Breathtaker“ fort, das den Wind in den weiten Graslandschaften förmlich zum schwingen bringt, und unter einem grandiosen Firmament trotz karger Ingredienzen zu epischer Größe heranwächst.

Was soll man noch sagen, die Namen halten, was sie versprechen. David Eugene Edwards und Alexander Hacke haben mit RISHA ein hypnotisches Werk erschaffen, das beider Qualitäten aufs beste miteinander vereint. Ihre Fans werden erwartungsgemäß begeistert sein.

DAVID EUGENE EDWARDS & ALEXANDER HACKE – Risha (Glitterhouse / Indigo)

(Jens)

GHOST – Prequelle

Mit dem Gebrauch von Superlative sollte man in der Regel ja eher sparsam sein. Hinsichtlich GHOSTs neuem Werk „Prequelle“ ist jegliche Zurückhaltung diesbezüglich allerdings nicht angebracht. Enttarnt und doch voll „in character“ legt Mastermind Tobias Forge sein bisheriges Magnum Opus vor, das sich anschickt, das Phänomen GHOST zu einem der größten Acts in der Rock’n’Roll-Welt werden zu lassen.

GHOST – Prequelle

Man könnte dem Mann aus dem schwedischen Lingköping unterstellen mit geschicktem Kalkül samt allerlei PR-Getöse den ganz großen Durchbruch erzwingen zu wollen. Die Einführung des neuen Hauptprotagonisten Cardinal Copia inklusive dem „Ende“ der bisher diensthabenden Papas wurde passend in Szene gesetzt und breit gestreut. Inszenierungen dieser Art gehörten aber schon immer zum Konzept von GHOST, das nur stetig ausgebaut und perfektioniert wurde.

Entscheidend bei all dem schmückenden Beiwerk ist jedoch, dass die Quintessenz, die Musik, derart mitreißend ist, dass man sich derlei Extravaganzen locker leisten kann. Nach dem Abgang seiner bisherigen Mitmusiker inklusive Rechtsstreit blieb abzuwarten, in welche Richtung Forge mit dem GHOST-Sound gehen würde. Auf Prequelle ist von der ersten bis zur letzten Note seine ureigene Handschrift zu erkennen, die alte Trademarks mit einem Maximum an Hitappeal verbindet.

Nach einem einstimmenden Intro folgt mit „Rats“ die erste Single-/Videoauskopplung des Albums, die in bester Ozzy / Randy Rhoads-Manier den (Stadion-) Metal der 80er hochleben lässt. Mit „Faith“ und seinen groovenden Riffs gibt es anschließend den wohl „härtesten“ Track auf Prequelle zu hören. „See The Light“ könnte man als metaphorischen Kommentar zu den Querelen mit seinen ehemaligen Kollegen verstehen. Hier wird deutlich, dass das Piano und Keyboards deutlich mehr Gewicht im Gesamtsound bekommen, als jemals zuvor. Selbst ein entfesselt aufspielendes Saxophon findet seinen Platz („Miasma“) und passt erstaunlicherweise ebenfalls wie Arsch auf Eimer.

„Dance Macabre“ und „Witch Image“ sind herrliche AOR-Hymnen, die mit catchy Melodien und sich ins Hirn fressenden Refrains nur so um sich schmeißen. Das Forge wohl auch das Talent für große Filmscores besitzt, beweist er u.a. mit „Pro Memoria“, dessen Auftakt und sein orchestrales Ende ganz großes Kino sind (…der Zwischenteil natürlich auch!). In eine ähnliche Kerbe schlägt das zweite Instrumental „Helvetesfonster“, das noch einmal das musikalische Thema von „Pro Memoria“ aufnimmt und variiert. Den krönenden Abschluss bildet die überwältigende Powerballade „Life Eternal“, die einen diabolisch entzückten Hörer zurücklässt, der ob derartiger Songgewalt nur ungläubig staunen kann.

Ich wage zu behaupten, dass Tobias Forge alias Cardinal Copia mit Prequelle einen modernen Klassiker geschaffen hat, den man zukünftig neben die bekannten Werke der absoluten Genre-Giganten stellen wird. Zahlreiche Zitate und Verweise auf die Rockgeschichte untermauern seine Fähigkeiten als genialer Songschreiber, der seine Vision vom perfekten Rock’n’Roll-Entertainment stringent verfolgt. So ist Forge mit GHOST auf dem besten Weg alsbald in einem Atemzug mit KISS oder IRON MAIDEN genannt zu werden. Seine Show ist bereits verdammt nahe dran!

GHOST – Prequelle (Spinefarm / Universal)

(Jens)

GRIN – Revenant

Halluzinogene Ausflüge in wummernde Tieftonbereiche bescheren uns die Berliner GRIN mit ihrem Debütalbum „Revenant“. Das Duo am Bass und Schlagzeug pflügt sich knurrend durch psychedelischen Doom, der die Lavalampe mit Schweröl befüllt.

GRIN – Revenant

Stampfende Rhythmen bilden die Grundlage für einen bösen Basssound, der die Luft mächtig ins Schwingen bringt. Der Groove von GRIN gräbt sich tief in die Bodenkrume und wirbelt dabei allerhand Dreck auf. Hier und da gesellen sich vereinzelt ein paar verhallende Vocals hinzu, wobei der redundante Instrumentalcharakter aber immer deutlich im Vordergrund steht.

Hinter GRIN stehen Sabine (Bass) und Jan Oberg (Schlagzeug, Gesang), die sich bisher einen Namen als EARTH SHIP gemacht haben. Bei GRIN gehen sie nun deutlich roher und ungeschliffener ans Werk. Revenant bietet sechs rudimentäre Schwergewichte, die Sludge und Doom eine umnebelte Aura verpassen.

Bei diesem garstigen Gemisch muss man sich zunächst schon ein wenig eingrooven, wird dann aber mit einem durchaus eigenwilligen Klangerlebnis belohnt, das gerade bei adäquatem Lautstärkepegel für amtliches Ohrenschlackern sorgt.

GRIN – Revenant (The Lasting Dose Records)

(Jens)

TOUNDRA – Vortex

Nachdem TOUNDRA ihre bisherigen Alben der Einfachheit halber schlicht durchnummeriert haben, hört das fünfte Werk der Spanier auf den Namen Vortex. Geblieben ist ihr breit bebilderter Instrumental-Rock, der spielerische Klasse und mitreißendes Songwriting auf spannendste Art und Weise miteinander vereint.

TOUNDRA – Vortex

Ein filmreifes Intro führt uns in diesen musikalischen Vortex, der sämtliche Klangfarben durcheinander wirbelt und nicht selten für Gänsehautmomente beim geneigten Zuhörer sorgt. Mit dem anschließenden „Cobra“ beginnen TOUNDRA gleich furios ihren instrumentalen Post-Rock/Metal-Reigen, der vor Finesse nur so überschäumt. Bereits hier vereinen sie alle ihre Qualitäten, die sich auf höchstem Niveau durch das ganze Album ziehen.

Ein dynamisch entfesseltes Schlagzeug mit einer unglaublich rhythmischen Variation ist in diesem Fall nicht nur Takt gebender Begleiter, sondern ein prägender Mitspieler. Zusammen mit dem ebenso agilen Bass bilden sie die solide Grundlage für die alles prägenden Gitarren, die furios Singen, aggressiv zerren oder einfach nur lange akustisch nachhallen.

Progressiv und mit jeder Menge Anspruch bauen TOUNDRA ihre Tracks, die dennoch stets eingängig und emotional berührend sind. Der Vierer aus Madrid spielt stets mit der Dynamik und weiß meisterlich Spannungsbögen zu setzten. Es spricht schon für die Klasse TOUNDRAs, in einem Genre, in dem sich nicht gerade wenig talentierte Bands tummeln, deutlich herauszustechen zu können.

Zusammen mit ihren deutschen Kollegen von LONG DISTANCE CALLING bilden TOUNDRA im Moment sicherlich die Speerspitze dies Sounds, der auf diesem Niveau sicherlich niemals langweilig werden wird.
Lasst euch also in diesen Strudel hineinziehen, ihr werdet es nicht bereuen!

TOUNDRA – Vortex (InsideOut / Sony)

(Jens)

RED APOLLO – The Laurels Of Serenity

Ein ganz schön monumentaler Brocken ist es geworden, das dritte Album von RED APOLLO. Mit The Laurels Of Serenity beweist der deutsche Vierer erneut, dass er es meisterhaft versteht, krachigen Metal mit feinsten Melodien zu versehen.

RED APOLLO – The Laurels Of Serenity

Mit ihrem fein austarierten Post-Metal schaffen sie eine immens dichte und mitreißende Atmosphäre, die sowohl von ruhigen, fast schon sphärischen Momenten als auch von eruptiver Härte geprägt ist. Zwar lugen hier und da ganz schön heftige Growls hervor, insgesamt setzt The Laurels Of Serenity sein Hauptaugenmerk aber deutlich auf das Instrumentale.

Hier erinnert das neue Material an den Sound des aktuellen Langspielers ihrer Kollegen LONG DISTANCE CALLING (Boundless). Ähnlich wie die Münsteraner legen RED APOLLO großen Wert auf klangliche Vielfalt, gerade was die Gitarrenarbeit betrifft. Ob sanft gezupft, weit hallend oder als breite Riffwand, allein hier gibt es massig Details zu entdecken. Überwiegend wird sich im Midtempobereich aufgehalten. Wohldosierte Keyboardklänge tragen zum epischen Grundton bei, der bei allen acht Nummern mitschwingt.

Man kann sich ja wahrlich nicht über einen mangelnden Output im Post-Irgendwas-Bereich beschweren. Und auch wenn man diesen Stempel durchaus passend auf das RED APOLLO-Paket drücken kann, hebt sich ein Album wie The Laurels Of Serenity ob seiner herausragenden Qualität deutlich von dieser großen Masse ab, und begeistert, als sei es das erste Werk dieses Genres.

Wer auf anspruchsvollen Metal steht, der Kopf und Bauch gleichermaßen anspricht, kommt um RED APOLLO und The Laurels Of Serenity jedenfalls nicht vorbei!

RED APOLLO – The Laurels Of Serenity (Moment Of Collapse / Brocken Silence)

(Jens)

OCTOPUS – Supernatural Alliance

Das Psychedelic Rock auch mal so richtig Arsch treten kann, beweisen OCTOPUS mit ihrem Debüt Supernatural Alliance.

OCTOPUS – Supernatural Alliance

Genrebedingt fuzzen sich die Gitarren natürlich auch hier durch die Soundlandschaft. Die Songs der Detroiter um Bandkopf J. Frezzato (ex-Electric Six) sind aber so stringent und knackig entworfen, dass auch die außerorbitalen Ausflüge immer den Kontakt zur Bodenstation wahren. Und dieser Umstand ist absolut positiv zu bewerten, kommen OCTOPUS demnach immer auf den kernigen Punkt. So stehen auf Supernatural Alliance straighte Nummern („Strike“) Seit an Seit mit retro-futuristischen Rockopern (Child Of Destiny), was die Scheibe schön abwechslungsreich macht.

Ob das doomige „The Unknown“ oder die chillige Power-Bluesballade „All The Love“, alle Tracks werden durch akzentuierte Keyboard und Orgelklänge veredelt, die dem ganzen einen echten Mehrwert verleihen. So klingen bei OCTOPUS dann auch nicht nur die üblichen Verdächtigen Black Sabbath durch, sondern auch Deep Purple haben hier offenkundig ihre Duftmarke hinterlassen.

Neben der überzeugenden Instrumentierung ist es vor allem auch die klare und kraftvolle Stimme von Frontfrau Masha Marjieh, die ein Ausrufezeichen setzt, und wie die Faust aufs Auge passt. Zusammen mit ihren Mitstreitern hat sie hier eine vielleicht nicht übernatürliche, dafür aber äußerst kompetente Allianz in Sachen harter Rock geschlossen, die alle Genre-Aficionados und Fans von Kapellen der Sorte Horisont, Jess And The Ancient Ones oder Alunah überzeugen dürfte.
…und eines der coolsten Cover der letzten Zeit haben sie übrigens auch noch zu bieten!

OCTOPUS – Supernatural Alliance (Rise Above)

(Jens)

BLACK RAINBOWS – Pandaemonium

Mit Pandaemonium hauen die Italiener BLACK RAINBOWS ihren sechsten Langspieler raus, mit dem sie uns erneut in spacige Sounddimensionen entführen.

BLACK RAINBOWS – Pandaemonium

Ja, hier rieselt nicht nur furztrockener Wüstensand aus den Boxen, sondern auch ein fettes Rockbrett. Gabriele Fiori (Gesang, Gitarre), Giuseppe Guglielmino (Bass) und der neue Schlagzeuger Fillippo Ragazzoni braten sich in bester Stoner-Manier durch die Tracks, die obendrein auch noch jede Menge psychedelische Nebelschwaden verströmen.

Da liegt der Vergleich mit ihren Neu-Labelkollegen von NEBULA natürlich auf der Hand. Pandaemonium atmet den Vibe der End-90er Stonerrockwelle, die eben durch solche Bands wie NEBULA oder auch KYUSS und FU MANCHU geprägt wurde. Besonders progressiv ist der Sound von BLACK RAINBOWS demnach also nicht. Muss er aber auch nicht sein, wenn der Wüstenrock derart ordentlich rollt und ehrlich vorgetragen wird.

Ein brummender Bass, straighte Beats und gnadenlos fuzzige Gitarren sorgen für ein transparentes Ganzes, das dir nichts vormacht. Songs wie „The Sacrifice“ oder „Riding Fast ‚Til The End Of Time“ gehen gut nach vorne los, während das abschließende „13th Step Of The Pyramid“ zünftig die Lavalampe anschmeißt.

So kommt Pandaemonium sympathisch authentisch rüber, und steht so dem vortragenden Trio auch mehr als gut zu Gesicht. Und so liefern BLACK RAINBOWS auch gleich den Beweis: Psychedelischer Stonerrock kommt nicht nur aus den Weiten der kalifornischen Wüste, sondern durchaus auch aus dem Herzen Europas.

BLACK RAINBOWS – Pandaemonium (Heavy Psych / Cargo)

(Jens)

NEBULA – Let It Burn / To The Center / Dos EP’s

Mit der Wiederveröffentlichung ihrer Frühwerke Let It Burn, To The Center und Dos EP’s nehmen uns NEBULA gut zwanzig Jahre mit zurück in ihre musikalische Vergangenheit.

Zusammen mit KYUSS und FU MANCHU gehörten NEBULA zu den Wegbereitern des furztrockenen Stoner/Desert Rocks, der in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren die Musiklandschaft entscheidend mitprägte. Schwere, fuzzige Gitarrenriffs treffen auf doomige Lavasounds und einen psychedelischen Mindfuck, der dem guten alten Rock’n’Roll eine ganz eigene Note verleiht. Die Röhrenamps glühen vor Freude und das Wah-Pedal wird im Sekundentakt bis aufs Bodenblech getreten. Dazu gesellt sich ein rotzig-nöliger Gesang, der die Zungenschwere einer beruhigenden Kräuterzigarette verströmt.

Nachdem Gitarrist Eddie Glass und Drummer Ruben Romano nach ihrem Abgang von FU MANCHU besiegelt haben, gründeten sie zusammen mit Bassist Mark Abshire im Jahre 1997 NEBULA. Eines ihrer frühen musikalischen Lebenszeichen erschien im folgenden Jahr unter dem Titel Let It Burn.

NEBULA – Let It Burn

1999 folgte schließlich mit To The Center der erste offizielle Langspieler der Band. Hier zeigten sich NEBULA noch eine Spur psychedelischer und überzeugten mit tighten Songs, die trotzdem nicht auf ausufernde Jams verzichteten. Wer immer schon wissen wollte, wie ein schmutziger Hybrid aus Hawkwind und Black Sabbath klingen würde, wurde hier bestens bedient.

NEBULA – To The Center

Als dritte Veröffentlichung im Bunde gibt es mit Dos EP’s noch ein wenig rareren Stoff für den geneigten Fan. Ursprünglich im Jahr 2002 erschienen, vereinten NEBULA hier ihre limitierte Sun Creature EP und die Split EP mit den Schweden LOWRIDER. Und was soll man sagen, natürlich röhren auch hier die Verstärker und der Bass knarzt knackig aus den Boxen.

NEBULA – Dos EP’s

Heavy Psych Sounds lassen uns nun also noch einmal an den Glanztaten der Stoner teilhaben, wobei sie den Originalversionen zusätzlich noch diverse Bonus- und Live-Tracks spendiert haben. Wer seine Wissenslücke in Sachen staubiger Rock füllen möchte, hat nun die Gelegenheit im Format Vinyl, limitiertes Vinyl, CD und digitalem Download.

NEBULA – Let It Burn / To The Center / Dos EP’s (Heavy Psych Sounds / Cargo)

(Jens)

PHANTOM WINTER – Into Dark Science

Phantom Winter entführen uns zum dritten Mal in ihr apokalyptisches Habitat, das schroff und kühl kaum heimelige Atmosphäre bietet. Mit Into Dark Science haben sie ein Album geschaffen, das sich natürlich keinen Deut hoffnungsvoller gibt, als seine ebenso niederschmetternden Vorgänger, dem 2015er Debut CVLT und dem folgenden Sundown Pleasures (2016).

PHANTOM WINTER – Into Dark Science

Mit ihrer ganz eigenen Mixtur aus Doom, Noise und Black Metal kreieren die Würzburger dunkelste Abgründe, die genauso brachial wie kunstvoll sind. Growls und infernalisches Gekeife peitschen durch die Songs, die karg und schroff Dissonanzen mit zerbrechlichen melodischen Figuren verschmelzen. Meist zäh durch den Morast kriechend pflügen sich die Tracks durch emotionale Krater. Phantom Winter zimmern den knarrenden Grund einer massiven Abwärtsspirale, die den geneigten Hörer gänzlich in sich verschluckt.

Details wie Kirchenglocken oder Spoken-Word-Passagen verfeinern dieses abseitige Konglomerat aus Verzweiflung und Auflehnung, das sich seine künstlerischen Inspirationen sowohl bei Rainer Werner Fassbinder, Heinrich Heine oder auch Mary Shelley holt. Into Dark Science ist ein ganz eigenes Gebilde, das sich exakten Genres genauso entzieht wie irgendwelchen Gefälligkeiten. Ja, das Ganze ist herausfordernd, zugleich aber auch äußerst spannend!

Die bollernden Drums und die schneidenden Riffs bohren sich tief in die Seele des Rezipienten und verfehlen dort nicht ihre Wirkung. Wer sich auf diesen Albtraum einlässt, der wird dafür mit einer intensiven musikalischen Erfahrung belohnt, die wahrlich nicht alltäglich ist. Vielleicht noch kompromissloser als auf ihren ersten beiden Veröffentlichungen, legen Phantom Winter hier ein extremes Werk vor, das größte Beachtung verdient.

PHANTOM WINTER – Into Dark Science (Golden Antenna / Broken Silence)

(Jens)

WE SELL THE DEAD – Heaven Doesn’t Want You An Hell Is Full

Unter dem Namen WE SELL THE DEAD firmieren ein paar durchaus illustre Protagonisten der jüngeren Metal-Historie. So sind hier mit Niclas Englin (In Flames, Engel), Jonas Slättung (Drömrikets), Gas Lipstick (ehemals HIM) und Apollo Papathanasio (Spiritual Beggars, Firewind) allseits bekannte Musiker am Werk, die sich die Frage gestellt haben, wie es wohl klingen mag, würde Jack The Ripper heute in einer modernen Rockband musikalisch (!!!) aktiv sein? Die Antwort liefern sie mit ihrem Debütalbum Heaven Doesn’t Want You An Hell Is Full, das knackigen Heavy Metal bietet, der für amtliche Unterhaltung sorgt.

WE SELL THE DEAD – Heaven Doesn’t Want You An Hell Is Full

Das Intro entführt den Hörer gleich auf die quirligen Straßen des viktorianischen Englands, auf denen ja bekanntlich bereits erwähnter Serienschlitzer des öfteren unterwegs war. Doch so altertümlich, wie das gewählte Szenario, klingen WE SELL THE DEAD dann aber gar nicht. Das folgende „Echoes Of An Ugly Past“ ist gleich ein echter Hit, der die Marschrichtung vorgibt. So bietet Heaven Doesn’t Want You An Hell Is Full vornehmlich melodischen Metal, der schön stampfend und doomig aus den Boxen kommt. Gerade auch wegen der Stimme von Frontmann Apollo Papathanasio erinnert das Ganze nicht selten an DIO oder BLACK SABBATH. Bei „Leave Me Alone“ ist die Riff-technische Nähe zu Uncle Acid & The Deadbeats‘ „Pusher Man“ allerdings schon sehr auffällig…! Egal, insgesamt passt das Package aus breiten Gitarren, wummernden Bässen und einem kernigen Schlagzeugspiel.

Die Mucke ist jedenfalls deutlich besser als die zu den Songs veröffentlichten computeranimierten Videos, die so gar nicht auf der Höhe der Zeit sind, und bei denen man sich fragt, wie diese in das gewählte Setting der Band passen?! Aber Musik ist ja auch vornehmlich dazu da gehört zu werden. Und das lohnt sich bei Heaven Doesn’t Want You An Hell Is Full auf jeden Fall.

WE SELL THE DEAD – Heaven Doesn’t Want You An Hell Is Full (earMUSIC / EDEL)

(Jens)

TURBONEGRO – RockNRoll Machine

Da sind sie wieder, die apokalyptischen Dudes aus Norwegen (inklusive einem Briten)! Live zwar regelmäßig auf den Festivalbühnen dieses Erdenrunds zu sehen gewesen, haben sich Turbonegro in Sachen Album-Veröffentlichung in den letzten Jahren doch ziemlich rar gemacht. Nun gibt’s mit RockNRoll Machine aber den längst überfälligen Nachfolger des 2012er Langspielers Sexual Harassment.

TURBONEGRO – RockNRoll Machine

Gut 20 Jahre nach ihrem legendären Meisterwerk Apocalypse Dudes erscheint nun also Scheibe Nr. 9 der Denim Demons, die in ihrer musikalischen Karriere ja nicht immer das ruhigste Fahrwasser gewählt haben. Nach diversen Wiederauferstehungen und der quasi Neuaufstellung mit Frontmann Tony Sylvester, zelebrieren sie auch Anno 2018 ihren berühmt-berüchtigten Deathpunk, der allerdings nicht mehr ganz so räudig aus den Boxen kommt, wie noch zu ihren wilden Anfangstagen.

Das Abum-Intro verspricht uns eine weitere Metamorphose der Boys, die sich nun am Rande des 21. Jahrhunderts in die Rock’n’Roll Machine transformiert haben, um uns in diesem Zustand direkt mit dem folgenden „Well Hello“ zünftig zu begrüßen. Schnell merkt der geneigte Hörer, dass die Turboneger da anknüpfen, wo wir sie zuletzt aus den Augen verloren haben. Die beiden Tracks „Hot For Nietzsche“ und „Special Education“ stammen derweil bereits aus den Jahren 2015/16 und markieren darüber hinaus den Startschuss für das neuste Mitglied der Truppe, Keyboarder Crown Prince Haakon-Marius. Dieser hat hörbaren Einfluss auf das neue Material, das sich mehr als einmal mit glamourösen 80er Jahre Synthies schmückt. Ein Song wie „John Carpenter Power Ballad“ macht seinem Namen dann auch alle Ehre. Schön cheesy und fast schon als echter Stadionrock durchgehend, zeigen Turbonegro hier eine neue Facette ihres Sounds, der ihnen ganz gut zu Gesicht steht.

Ansonsten gibt es natürlich auch schon mal die eine oder andere Selbstreferenz („Let The Punishment Fit The Behind“), die durch den neuen Cybersound aber trotzdem einen frischen Pfiff besitzt. Allenfalls die Produktion hätte ein wenig räudiger ausfallen können, klingen die Stücke doch manchmal fast ein wenig brav. Wenn auch der alte Zauber und der ganz große Mythos um Turbonegro evtl. etwas verblasst, und sie vielleicht auch nicht mehr ganz auf dem Zenit ihre Schaffens sind, überzeugt ein Album wie RockNRoll Machine dennoch als kurzweiliges Hörvergnügen, das jeden Turbojugendlichen immer noch bestens unterhalten dürfte.

TURBONEGRO – RockNRoll Machine (Burger Records / H’Art)

(Jens)

VETO – 16 Colors

Nach längerer Schaffenspause melden sich die dänischen Elektrorocker Veto mit einem neuen Album zurück. Auf 16 Colors präsentieren sie eine organisch klingende Mixtur aus Synthie-Sounds und gewohnter Rock-Instrumentierung, die eine ganz eigene Klangfarbe besitzt.

Veto – 16 Colors

Mit viel Liebe zum Detail inszenieren sie ihre Songs, die an allen Ecken und Enden mit kleinen Überraschungen aufwarten. Elektronische Beats treffen auf warme Drums, sanft gezupfte Gitarren auf analog eingespielte Synthesizer. Veto verweben diese Ingredienzien zu kleinen Dramen, die vor allem von der exaltierten Stimme ihres Frontmanns Troels Abrahamsen geprägt werden. Fast schon theatralisch intoniert dieser seine Lyrics, die Vetos Sicht auf die Welt widerspiegeln, die deutlich farbenreicher ist als lediglich „16 Colors“.

Gleich der titelgebende Opener versprüht mit seinem Drive eine enorme Sogwirkung. Ein Song wie „A Pit“ suhlt sich in melancholischer Wonne, die ihre emotionale Durchschlagskraft durch schwere Streicher Arrangements erhält. Immer wieder gibt es neue Finessen zu entdecken, die beim ersten Hören vielleicht noch nicht aufgefallen sind.

Veto bieten auf 16 Colors ein äußerst intelligentes Konglomerat ausgefallener Klänge, die in Form gebracht durch ein einnehmendes Songwriting und zusammen mit einer ganz besonderen gesanglichen Intonierung ein wirklich packendes Hörerlebnis bieten.

VETO – 16 Colors (Reset08 / The Orchard)

(Jens)

LONG DISTANCE CALLING – Boundless

Neues Ohrenfutter für alle Freunde anspruchsvoller (Post-) Rock-Klänge. Long Distance Calling kehren mit ihrem aktuellen Werk BOUNDLESS zu den Wurzeln ihres Schaffens zurück, und präsentieren wieder ausschließlich instrumentales Material, das sich zudem von einer äußerst abwechslungsreichen Seite zeigt.

LONG DISTANCE CALLING – Boundless

Als reine Instrumentalband angefangen, waren es zunächst immer mal wieder einzelne Tracks der Band, die durch Gastsänger angereichert wurden. Mit der Zeit fand man offensichtlich Gefallen an dieser erweiterten Facette ihres Sounds, sodass die letzten Veröffentlichungen durchgängig eine stimmliche Unterstützung erfuhren.

Mit BOUNDLESS also wieder zurück zu den sprachlosen Anfängen, und zu ihrer ganz eigenen Version von Post-/Prog-Rock und Metal, die nach wie vor nur so vor virtuoser Finesse strotzt. Nach einem für Long Distance Calling Verhältnisse fast schon klassischen Einsteig („Out There“), überraschen sie bereits mit Titel Nummer 2 („Ascending“), der mit sludgy Riffs der Marke Mastodon beginnt, und zeigt, dass die Band auf ihrem sechsten Album partiell deutlich an Härte gewonnen hat. Schnell bekommt man das Gefühl, dass die musikalische Ausrichtung „back to the roots“ ihnen deutlich neues Feuer verleiht.

Mit „Like A River“ haben sie sogar einen modernen Western-Soundtrack im Gepäck, der mit klirrenden Gitarren, Bläsern und Geigen einen Hauch „Spiel mir das Lied vom Tod“ verströmt. Nicht zuletzt hier wird deutlich, wie dynamisch und ausgeklügelt ihr Songwriting ist, das technisches Können mit hoch emotionaler Melodik verbindet. Wie transparent ihr Sound ist zeigt ein Track wie „On the Verge“, der die ganze Bandbreite von Long Distance Calling vor Augen führt: Variable Gitarren, eine ausgeklügelte Rhythmik und ein Bassfundament, das den spielerischen Anspruch locker mitgeht.

Mit BOUNDLESS haben Long Distance Calling definitiv zu alter Stärke zurückgefunden. Man merkt ihnen den Spielspaß förmlich an. Die Songs sind allesamt mitreißend und stimulieren sowohl Hirn als auch Bauch, sodass hier nicht Mucke für Musiker, sondern Mucke für jeden geschmackssicheren Musikfan ins Scheinwerferlicht gerückt wird. So kann man nur das Fazit ziehen: Alles richtig gemacht!

LONG DISTANCE CALLING – Boundless (InsideOut Music / Sony)

(Jens)

MISS VELVET & THE BLUE WOLF – Bad Get Some

An Bands, die ihrer Vorliebe für die rockigen Sounds der 1960/70er Jahre nachkommen, mangelt es zurzeit ja nicht wirklich. An bärtige Herren mit Schlaghose und den passenden Vintage-Instrumenten hat man sich ja fast schon wieder gewöhnt. Da ist es doch mal eine willkommene Abwechslung, wenn eine Gruppe daherkommt, die dem Classic Rock noch ein paar frische Elemente mit auf den Weg gibt.

MISS VELVET & THE BLUE WOLF – Bad Get Some

Zu diesen Bands zählt Miss Velvet & The Blue Wolf, die als achtköpfige Formation ihrem klassischen Rock noch jede Menge Funk und Soul spendiert. Die Amis spielen sich munter durch die Musikgeschichte und lassen sich hörbar von solchen Größen wie Janis Joplin, Led Zeppelin oder George Clinton inspirieren.

Funky Wah-Wah-Gitarren treffen auf coole Bassläufe und eine ausgereifte Bläsersektion, die nicht selten auch das eine oder andere Sax-Solo vom Stapel lässt. Dabei erweisen sich alle Beteiligten als ausgesprochene Könner ihres Fachs. Im Vordergrund steht sicherlich eben jene Miss Velvet, die mit ihrer amtlichen Stimme den Dreh und Angelpunkt des Band-Sounds liefert. Äußerst impulsiv und dennoch mit jeder Menge Soul-Vibes im Gepäck röhrt sie sich durch die Tracks, die in den legendären Detroiter United Sound Studios aufgenommen wurden.

So bekommt der geneigte Hörer hier zehn abwechslungsreiche und energiegeladene Nummern geboten, die durchweg Feuer im Hintern haben. Wer nach einer funkigen Abwechslung aus dem bekannten Classic-Rock-Einerlei sucht, der ist bei Miss Velvet & The Blue Wolf sicherlich gut aufgehoben.

MISS VELVET & THE BLUE WOLF – Bad Get Some (Heresy / Naxos DE)

(Jens)

THE MOTH – Hysteria

Da wummert es im Gebälk!
Die Hamburger The Moth bringen auf ihrem dritten Langspieler wieder die ganz tiefen Töne zum schwingen. Da braucht es nur noch den passenden Schalldruck, damit die Trommelfelle ihrer geneigten Hörerschaft es ihnen gleichtun.

THE MOTH – Hysteria

Eine amtliche Mixtur aus Metal, Sludge und Doom sind wir von den Herren und der Dame von der Waterkant ja durchaus gewohnt. Da macht auch „Hysteria“ keine Ausnahme. Dennoch scheint das neue Werk im Vergleich zu den vorherigen Outputs noch einmal eine Schippe von allem draufzulegen. Kerniger, kompromissloser und direkter haben The Moth noch nie geklungen! Ohne blendendes Beiwerk berserken sich Freden, Cecile, Tiffy und Neu-Mitglied Christian durch die Tracks, die von einer erdigen Klarheit sind.

Man sieht die Röhren der Amps förmlich glühen, wenn die breiten Riffs und der mächtig wummernde Bass die spärlichen Melodien in die verkommene Welt dröhnen. Das präzise und äußerst dynamische Schlagzeugspiel treibt diesen wunderbaren Krach weiter mächtig nach vorne, sodass insgesamt ein bedrohlicher Koloss aus Sound entsteht. Darüber entfaltet sich der oftmals im Duett vorgetragene Gesang von Freden und Cecile, der dem Ganzen eine fast psychedelische Note verleiht. „Hysteria“ klingt durchweg brachial, was auch an der knackigen Produktion liegt. So verzichtete die Band auf die Verwendung der „professionellen“ Aufnahme, und entschied sich kurzerhand für die Vorproduktion des Albums, was sie deutlich näher an ihren kraftvollen Live-Sound gebracht hat.

Mit „Hysteria“ ist The Moth ein ziemlich garstiges drittes Album gelungen, dass alle Qualitäten der vorherigen Veröffentlichungen in sich vereint und ihr Schaffen auf einen noch klareren Kurs bringt. Freunde unnachgiebiger Klangkulissen werden mit dem Ding sicherlich ihre dunkle Freude haben!

THE MOTH – Hysteria (This Charming Man / Cargo)

(Jens)

AMENRA – Mass VI

Wohl kaum eine Band paart so perfekt brachiale musikalische Urgewalt mit zerbrechlicher Anmut wie die Belgier Amenra, die nun mit „Mass VI“ ihr neues Werk vorstellen.

AMENRA – Mass VI

Und auch dieses ist wieder ein wahres Monster geworden, das den Hörer mit Haut und Haaren verschlingt. Doch in all der Vehemenz, die hier vermittelt wird, ist stets Schönheit verborgen. Auch wenn man wie ein Stein in einem Meer aus Tränen zu versinken scheint, erfassen einen hier und da dünne Fäden aus Licht, die für einen kurzen Moment die Szenerie zu erhellen scheinen. Doch eine tonnenschwere Last zieht einen unaufhörlich weiter in die Tiefe, und wenn man schließlich akzeptiert hat, dass es kein Entrinnen gibt, ist nur noch ein betörender Rausch vorhanden, der transzendentalen Frieden bringt.

Sänger Colin H. van Eeckhout kehrt erneut sein Innerstes nach Außen. Schreie voller Weltschmerz wechseln sich ab mit fast schon gesäuselten Gesangsmelodien und Spoken-Word-Passagen, welche sowohl in Englisch, Flämisch und Französisch vorgetragen werden. Die Gitarren von Mathieu J. Vandekerckhove und Lennart Bossu sind gleichsam monumental wie filigran, während die Rhythmusfraktion um Levy Synaeve und Björn J. Lebon alles niederwalzt, was sich ihr in den Weg stellt.

Der Sound von Amenra ist fast schon als archaisch zu bezeichnen. Repetitive Motive werden Schicht um Schicht ergänzt, kurz wieder eingerissen, und dann doch zu einem kolossalen Ungetüm geformt. Das Album bietet einen fatalistischen Reigen, der einen unmittelbar packt und völlig vereinnahmt.

„Mass VI“ ist großer Sound, große Emotion und ein großer, wundervoller Schmerz…!

AMENRA – Mass VI (Neurot / Cargo)

(Jens)

WOLVES IN THE THRONE ROOM – Thrice Woven

Raserei, Epik und grandiose Melodien formen nur wenige Bands so gekonnt zu einem prachtvollen Ganzen wie die Amerikaner Wolves In The Throne Room, die mit ihrem nunmehr sechsten Album erneut ein Werk voller erhabener Vehemenz und schroffer Schönheit geschaffen haben.

WOLVES IN THE THRONE ROOM – Thrice Woven

Mit „Thrice Woven“ geht es wieder auf Wanderschaft in finstere Wälder, auf nebelumhüllte Gipfel und an die Küsten der stürmischsten Ozeane. Die Musik peitscht dir die frostige Gischt um die Ohren, während der Orkan an Stärke gewinnt. Wolves In The Throne Room verstehen sich auf großes Black-Metal-Kino, das seine Geschichten mit viel Dramatik und Pathos zu erzählen weiß.

Dabei inszenieren sie ihre mystischen Sagen pointiert und gewohnt detailreich. Schon der knapp 10-minütige Opener „Born from the Serpent’s Eye” glänzt mit allen Trademarks, die sich die Truppe aus dem rauen Nordwesten der USA über die Jahre hinweg angeeignet hat. So werden Blastbeats und schneidende Gitarren von sakralen Keyboards, akustischen Farbtupfern und sphärischen Chören begleitet, was so für äußerst abwechslungsreiche Spannungsbögen sorgen.

An passender Atmosphäre mangelt es „Thrice Woven“ sicher nicht. Hierzu tragen auch die prominenten Gastmusiker bei, die sich die Wölfe in ihren Thronraum eingeladen haben. Während Neurosis-Urgestein Steve Von Till in „The Old Ones Are With Us” mit seiner gewohnt knarzigen Stimme den Winter vertreiben darf, ist es vor allem die schwedische Künstlerin Anna Von Hausswolff, die mit ihrem glockenklaren Organ mehr als einmal für musikalische Ausrufezeichen sorgt.

Wolves In The Throne Room stehen auch Anno 2017 für Black Metal mit höchstem künstlerischen Anspruch. Mit „Thrice Woven“ fügen sie ihrem Schaffen ein weiteres Highlight hinzu, das seinen zeitlosen Reiz über die Jahre konservieren wird.

WOLVES IN THE THRONE ROOM – Thrice Woven (Artemisia Records / Cargo)

(Jens)

SHOT CALLER – Blu-ray

Seine ganz eigene Version davon, wie man im harten Knastalltag überlebt, zeichnet „Shot Caller“, der dritte Film von Ex-Stuntman Ric Roman Waugh („Snitch – Ein riskanter Deal“).

SHOT CALLER – Blu-ray

Jacob Harlon (Nikolaj Coster-Waldau) ist ein unbescholtener Familienvater, bei dem eigentlich alles glatt läuft. Bis zu dem verhängnisvollen Tag, an dem er unter Alkoholeinfluss einen Verkehrsunfall verschuldet, bei dem ein Kollege von ihm ums Leben kommt. Gerade noch im sicheren Gefüge eines normalen Lebens, findet sich Jacob nun in einer gänzlich anderen Umgebung wieder.

Ihn erwarten sieben Jahre Gefängnis. Schnell muss er erkennen, dass hinter Gittern andere Gesetzte herrschen. Um nicht als Freiwild zu enden, entschließt sich Jacob Gefälligkeiten für die Arian Brotherhood, den Gefängnis-Neo-Nazis, zu erledigen. Als Gegenleistung erhält er einen gewissen Schutz, den der wenig abgebrühte Normalbürger mehr als nötig gebrauchen kann. Das Resultat einer Knastrevolte sind für Jacob allerdings weitere Jahre im Bau. Er fügt sich seinem Schicksal und distanziert sich von seiner Familie, die er so zu schützen versucht. Langsam steigt er in der Knasthierarchie auf, während seine Tattoos zahlreicher werden und er nun auf den Spitznamen “Money” hört.

Die arische Bruderschaft, die auch unter dem Gefängnispersonal willfährige Mitstreiter hat, verhilft ihm schließlich zu einer frühzeitigen Haftentlassung. Dafür erwarten sie natürlich eine weitere Gegenleistung von ihm: “Money” soll in Freiheit einen Waffendeal erfolgreich über die Bühne bringen. Sollte er sich weigern oder etwas schiefgehen, gerät seine Familie ins Fadenkreuz seiner “neuen Freunde“. Argwöhnisch von seinem Bewährungshelfer beäugt, kann er sich bald nicht mehr sicher sein, wem er noch vertrauen kann. Jacob alias „Money“ spielt nun nach seinen eigenen Regeln!

Insgesamt bietet „Shot Caller“ knallharte Thriller-Unterhaltung, die mit einer durchaus stimmigen Story und souverän agierenden Darstellern aufwarten kann. Die Verwandlung des Hauptprotagonisten vom arglosen Bürger zum zornigen White-Pride-Typen geschieht etwas plötzlich, ist aber letztendlich wohl den erzählerischen Grenzen des Spielfilms geschuldet. Ebenso bleibt offen, inwieweit Jacob wirklich dieser Ideologie verfällt. Actionanteil und erzählerischer Inhalt sind passend aufeinander abgestimmt, sodass nicht nur Freunde rabiater Keilereien auf ihre Kosten kommen.

Extras:
Interviews (ca. 50 Min.), Trailer

Technische Daten:
Prod.-Jahr: 2017
Bildformat: 2.40:1 in 16:9
Tonformat: Deutsch DTS-HD High Resolution 5.1, Englisch DTS-HD High Resolution 5.1, Deutsch Dolby Digital 2.0, Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte
FSK: ab 16 freigegeben
Länge: ca. 120 Min.

SHOT CALLER – Blu-ray (Constantin)

(Jens)