Das Bo feat. Hängergäng - Fumbananana

Das Bo feat. Hängergäng – Fumbananana

Mirko ist ein Hamburger Jung und wächst in der Schanze auf. In den Straßen zwischen Schulterblatt und Sternschanze ist der Alltag in jenen Tagen noch ein bisschen wild, denn es soll noch Zeit vergehen, bis die Miethaie, anstatt zu Fischstäbchen zu werden, hier den Galao-Strich etablieren.

Das Bo feat. Hängergäng - Fumbananana
Das Bo feat. Hängergäng – Fumbananana
Aber plötzlich gilt für unseren Jung ein völlig neuer Schnack. „Pack deine Sachen, wir ziehen aufs Land“, meinen die Eltern eines Tages und sorgen für einen nahezu tragischen Beginn von Mirkos Pubertät. Denn plötzlich heißt es für ihn Kuh statt Crew und Landluft statt Metropolenduft.

Besagte Kuh steht auf der Wiese vor Mirkos Fenster und wird kurzzeitig zur Ikone seiner Jugend, weil sie das Symbol der verlorenen Urbanität ist. Aber zum Glück gibt es auch fern der Schanze einen Gegenentwurf. Via Chromcassetten, Doppeltapedecks und der Tauschbörse Schulhof kommen Comptons Most Wanted, Boogie Down Productions und Nas auch in den letzten Winkel von Norddeutschland. Ganz so tragisch ist das Landleben im Rückblick also doch nicht.


DAS BO feat. Die Hängergäng – Wir geh´n steil

Denn es gibt in der Folge ein Schüleraustauschjahr in Amerika, wo Mirko als Jung-Rapper DAS BO miterlebt, wie ein Song an einem Tag eine ganz Stadt beherrscht und in Verzückung versetzt. Es ist der Releasetag von Dr Dre & Snoop Dogg’s Nuthin‘ but a ‚G‘ Thang. Aus jedem Auto in Sacramento bumst der gleiche Beat. Kollektive Begeisterung für einen Sound, kultur- und hautfarbenübergreifend, das hinterlässt Spuren.

In dieser Atmosphäre widerfährt BO eine frühe Erkenntnis, denn just hier wird er auf seine Muttersprache zurückgestoßen – von den Amis. Der Slang, die Themen, die Inhalte mit sind für BO in ihrer Komplexität ohnehin kaum zu erfüllen, geschweige denn interessiert es ihn etwas nachzuahmen, also dropt DAS BO für seine amerikanischen Kumpels ein paar unausgegorene Zeilen auf Deutsch und bekommt genau dafür Respekt. Alles andere als ein künstlerisch wertvoller Moment, aber Zündfunke für die Idee, in der eigenen Musik die deutsche Sprache zu nutzen. Denn Zuhause im Bandkeller der Schule wartet BOs Band, die International Krautz Posse, dass BO zurückkehrt, um wieder gemeinsam mit ihm zu musizieren.

Gegen Ende hat die Episode auf dem Land noch ein Augenzwinkern für BO in petto. Auf dem Weg von Hamburg ins Dorf kackt BOs Auto ab und er hat, Handys waren noch Zukunftsmusik, nichts als zwei Telefonnummern auf Tasche. Und nur einer Chance. Wegen Arbeit ist nämlich Zuhause keiner da, der ans Telefon gehen würde, also bleibt nur die andere Nummer und die führt zu Tobias Schmidt.

Diesen Kollegen hat BO gerade mal eine Woche zuvor im Schlepptau von Fettes Brot kennengelernt. Die gefragt: „Kennt ihr nich ein, der so Beats macht?“, die gesagt: „Schau doch mal hier bei Herrn Schmidt rein.“ Nach nur einem, kleinen Arbeitstreffen also der entscheidende Anruf. Und Tobi schleppt das BO ab. Sein defektes Auto und seine Raps – für die gemeinsame Zukunft als Der Tobi & Das Bo.

Anfang einer langanhaltenden Nummer. Tobi produziert und macht Beats. BO macht so mit und die Raps. Dann kommt Yo Mama, Deutschlands aufstrebendes Hip Hop Label und bringt die erste Platte von Der Tobi & Das Bo raus: „Genie und Wahnsinn liegen dicht beieinander“. Und das taten sie dann auch.

Der Übergang zu 5 Sterne Deluxe geschieht dann fliessend. Den Hamburger DJ Coolmann shanghaien die beiden Elb-Rapper in Rostock an Bord der MS Stubnitz bei einem Konzert. Kapitänleutnant Marcnesium hängt sowieso immer mit auf der Brücke ab, wird als Fotograf und Grafiker integriert und anschließend für den Flash auf der Bühne fest installiert. Fertig ist Deutschlands illeste Hip Hop Combo. Über fünf Jahre und zwei Alben hinweg sprengen 5 Sterne Deluxe Genres und Grenzen. Mit ihrem Abklingen hinterlassen sie 2004 eine Lücke, die niemand wieder schließen kann. Zuletzt stehen Tobi, BO, Marcnesium und Coolmann 222 Tage von 365 auf der Bühne und sind am Ende ein bisschen durch. Aber auch stolz darauf, auf den großen Festivals Horden rockistischen Publikums für sich begeistert zu haben. Einen übergreifenden Vibe geschaffen zu haben. Nicht zuletzt dank der Eröffnung von vermeintlichen Nebenschauplätzen.

DAS BOs erste Solonummer „Türlich, Türlich (Sicher Digger)“ ist so einer. Aus Spass am Miami Bass bastelt BO Hamburger Schnack in verschieden schnell getimte Lines und landet seinen größten Hit, der bis heute Party-Burner Qualitäten besitzt und mittlerweile ein Evergreen ist. Dazu liefert BO ein Video, das mindestens auch ein Meilenstein ist. Raus aus dem Club, an die frische Luft lautet BOs Regieanweisung, die Krankamera wird exzessiv eingesetzt und mit ein paar flotten Bikinis löst BO sein Versprechen aus dem Song ein: “Die Ärsche gibt’s im Video Clip.”

Dabei ist die ganze Nummer so unverkrampft und mit ironischem Charme gepinselt, dass die Leute das ganz genau checken: BO ist, war und wird einer von ihnen sein. Niemals einer, der etwas vorspielt. Er selbst zu sein ist einer der Leitfäden von BOs Karriere: DAS BO zu sein heißt nie weniger als: Dumm aber Schlau, St. Pauli und HSV-Fan.

Dazu gehören nicht allein die Fun-Kneipen-Stories, die BO authentisch bringt, sondern immer auch die nachdenklichen, reflektierten Songs, die, ein bisschen versteckt in der restlichen Clownerie, immer mit dabei gewesen sind. Gutes Entertainment muss nichts erklären und mit schlauen Statements daher kommen. Was im Umkehrschluß nicht heißt, dass der Künstler nicht nachdenken würde.

Dumm aber schlau, ganz genau, auf diese Weise kommt BOs Botschaft schon immer mit dem trojanischen Pferd. “Best of III – Alleine” war BOs Debut-Album noch vor “Dumm aber Schlau”. Für das zweite Solo Album ging BO einen heftigen Flirt mit dem deutschen Schlager ein – konsequent bis in die Haarspitzen. Plötzlich kommt BO mit einer übleren Dauerwelle als Wolfgang Petry und verhackt Modern Talking und die Münchener Freiheit in seinen Hooklines. Zielstrebig landet der neuen Stoff dort wo er hingehört: im Fernsehen.

Mit „Ohne BO“ tritt er beim BuViSoCo auf und landet auf Platz 12. Apropos Fernsehen, da hakt DAS BO nach und sich ein. 2011 macht BO in der neuen Welt des Musikfernsehens einen der Juroren bei der Talentshow X-Faktor. Begeisterung und Zuspruch von einem völlig neuen Publikum, im Alter von 8 bis 80, sind BOs nächste neue Erfahrung. Und BO wäre nicht BO, wenn er nicht den nächste Haken schlagen würde.

TV-Pausentaste und erstmal eine Reunion mit Herrn Schmidt als Der Tobi & das Bo. Zusammen machen sie ein Homecoming-Feature nach 18 Jahren. Gemeinsam rollen sie das Fass rein auf der neuen Deichkind-Scheibe „Befehl von ganz unten“. Und dann macht Sich BO selbst ein Weihnachtsgeschenk: Studio! Musik und nichts als Musikmachen ist angesagt seit dem 24.12.11. Seit Heiligabend steht BO mit seiner Hängergang im Studio.

Die Hängergäng ist beileibe keine Crew aus der Retorte, sondern das sind die Jungs, mit denen BO schon ein paar Jährchen zusammen abhängt – auf der Couch und an den Maschinen. BO und die Hängergäng bauen fleissig neue Songs. Zwischendurch gehen sie als Soundsystem häufig raus auf die Dancefloors, um neue Songs zu beta-testen. Doch nach den Wochenenden geht’s gleich wieder rein ins Studio. Jeden Montag früh kehren sie heim zu Darko Tronic, der in Hamburg die Stellung im Studio hält und produziert wie kein Zweiter.

DAS BO, DJ Plazebo, Flo Motion und Darko Tronic: Die Hängergäng, Hamburg Ciddy 2012. Smieeesnice!!!

Autor:Hilmar Bender für DAS BO im Mai 2012