DJ KOZE "AMYGDALA"

DJ KOZE „AMYGDALA“

Ein unwirklicher 78 minütiger Spaziergang durch Kozes Kopf mit so noch nicht gehörten Stimmungen, Intensitäten, Sounds und Szenen.

DJ KOZE "AMYGDALA"
DJ KOZE „AMYGDALA“
Ein gefühltes Doppel-Album, welches wieder und wieder zum Umdrehen und Wechsel der Schallplatten auffordert.

„Amygdala“ verblüfft durch Musikalität, Deepness, feinstofflichem Sounddesign und ist ein Kaleidoskop unterschiedlichster Klangwelten, in dem es auch nach tausendfachen Hören noch neue Nuancen zu entdecken gibt. Niemand anders könnte auf so organische Weise Künstler wie Caribou und Dirk von Lowtzow, Hildegard Knef und Matthew Dear, Ada und Milosh auf einer Langspielplatte vereinen wie Koze.

So etwas gab es noch nicht. Koze webt um die Acapellas seiner Gäste neue edle Gewänder, die nur er so schneidern kann und so klingt dieses zum überwiegenden Teil in einem spanischen Fischerdorf entstandene Album trotz der Diversität der Interpreten durchgänging homogen und nach Kosi Kos.

Und dem geht es immer um den „Mut zum muten“, darum, Stimmen unverstellt in ihrer ganzen Eigentümlichkeit erklingen zu lassen. Wahrhaftigkeit zu erzeugen.

Wieviel kann man weglassen, wann geht die Flamme aus? Wie brennt sie vielleicht sogar ewig?

Das Album startet mit balinesischen Gamelan Klängen aus denen sich ein entspannt discoider Beat schält, den mystische Backwartsbasslines, Balafon Resonanzen und Slide Gitarrenakkorde umspielen. In Kozes exotischem Dschungel zwitschert, schnarrt und fiept es aus allen Baumkronen. Vom Copalduft der Schamanen high wie Snoop machetet sich Track „ID Anyone?“ seinen Weg durch das saftige Blätterwerk bis plötzlich – ganz unverhofft – der softe Gesang von Caribou erklingt. Die Vögel winken von einem gegenüberliegendem Ast herüber und orchestrieren Dan Snaith’s Gesang mit sanften Bläsern. Welcome to the jungle!

Koze und seinen Dude Apparat vereint das miesepeterische misantropische Naturell. Beide fahren sie alleine in den Urlaub und beide sind sie eigentlich entweder nur am Nörgeln oder aber Gefühlsduselig am Schwelgen. Dazwischen gibt es nichts. In „Nices Wölkchen“ setzt Koze den Gesang Apparats ( den der selber natürlich Scheisse fand und mit Effekten zukleisterte) ungewohnt trocken und brüchig in Szene. Der Song morpht permanent melancholisch durch die Pattern bis er gänzlich zu einer bebenden Wolke mutiert, die sich schließlich über einem mit tausend Tränen ergiesst – einem Champagnerregen gleich.

Die soulige Orgel der House-Music Hymne Royal Asscher Cut mit ihren zeitlich stets unerwarteten Akkordwechseln und irren afrikanischen Flöten erzeugt Lust auf dunkle Clubs, Weiber und Drogen und folgt wieder dem Prinzip : wieviel Emotion ist mit wie wenigen Sounds möglich? Der Titel bezieht sich auf den spanischen Hofjuwelier Asscher, der schon seit Generationen die königlichen Edelsteine im „Royal Asscher Cut“schleift.

Im Song „Magical Boy“ lässt sich Koze Matthew Dears schweren Bariton auf der Zunge zergehen: Im Gegensatz zu Dears eigenen Produktion, bei denen er seine Stimme meist in einen brummenden Klangteppich einbettet, bietet Koze hier die zappa-esken vocals gradezu wie auf einem Silbertablett feil und strippt die Musik bis auf ein waberndes Rhodes runter. Das urschreigleiche „Ahhhhhh“ welches den markantesten Teil des Refrains markiert klingt wie der Kampfschrei eines liebesgeilen Mandrills. Völlig unerwartet – Magical Boys spacig-metallernes outro hallt noch majestätisch nach – taktet die Galleere ihr Tempo runter und floatet mit „Das Wort“ durchs Treibholz.

Dort am Ufer – oh hört! – steht Dirk von Lowtzow langsam winkend in der Abendsonne und singt über die Liebe, so wie es kein Anderer kann. Auf trockene, soulfulle Beats mit hawaianisch anmutenden ausufernden Soundscapes. So hat man den größten Poeten unserer Generation noch nie gehört. „Das Wort“ ist ein Wendepunkt des Albums!

Dem Simon & Garfunkel–Charme der Kings-Of-Convience-Nummer „Homesick“ verleiht Ada mit ihrer Stimme und Interpretation den Soul und die Tiefe eines Soul II Soul-Stücks. Slow and low – that’s the Tempo. Trocken bounced die Scheisse mit einer tighten Bassline um Adas einzigartigen Gesang herum bis ganz unvermittelt das wahrscheinlich defensivste Percussion-Solo aller Zeiten erklingt. The Geklöppel continues…

„La Duquesa“, das zarteste, feinste Stück, das beiläufig, ernst, deep und euphorisch zugleich ist, widmet sich der spanischen Duquesa de Alba, die mit 46 Adelstiteln höher dekoriert ist als Queen Elisabeth. Koze fasziniert die Dame: Mit ihrer eigentümlichen, schauerlichen Erscheinung wirkt sie wie ein Überbleibsel aus der vergangenen Welt des spanischen Adels. Sie ist die meist abgebildete Frau Spaniens und ein Pop Phänomen. Als sie 2011 einen 24 Jahre jüngeren Mann heiratete, zerriss sich das gesamte Land das Maul. Koze wäre manchmal gern dieser jüngere Mann, den die Spanier einen Erbschleicher schimpfen !

„Marilyn Whirlwind“ ist das lauteste Stück des Albums. Der Säger von St. Georg scheint back in Biz zu sein und fegt zur Halbzeit mal so richtig die Bude durch. Aus einem Digitalfehler entsprungen, simpel, bouncend und funky. So muss es manchmal sein. Diese Brainsäge wurde in 2 Stunden produziert. Ein gutes Zeichen.

In „My Plans“ taucht zum zweiten Mal der New York Flüchtling Matthew Dear auf Deck auf. Nervöse, flirrende Sounds arbeiten den Soul seiner Stimme heraus. Ein dreckiger slower Beat, nur aus Kick&Clap bestehend, afrikanisch anmutende Refrains, Vocodersprengsel, kaputte Drop outs : großer Future Funk!!

„Don´t Lose my mind“ bietet viel Platz zwischen jedem einzelnen Rimshot. Nicht viel mehr als zwei sich ineinander verschiebende Samples, die trotz oder wegen ihrer Leere eine warme Glückseligkeit verbreiten. Man bekommt sofort Bock zu saufen.

Der in L.A lebende aus Kanada stammende Milosh ist bekannt und begehrt für seinen androgynen Gesang. „Amygdala“ der albumtitelgebende Song ist eine wundersam befriedenden Metamorphose aus glücklich machenden Akkorden und Mbira Klängen. Der vielleicht schönste, sanfteste Song des Albums. Bei Dunkelheit gespielt leuchtet er hell und kann mit seiner Spiritualität ganze Völker heilen. Sagt man…

Hildegard Knef ist laut Koze die wahrhaftigste Sängerin, die Deutschland je hatte. Ungehörte Texte, Schmerz, Mut, Humor, Dark- und Deepness – bei ihr kam alles zusammen. 11 Jahre nachdem Koze seinen legendären Remix für Hildes „Ich liebe Euch“ erstellte, fand er durch Zufall die Spuren mehrerer Titel, die er damals zur Auswahl hatte wieder und schuf in einer Nacht und mit Hilfe einer Flasche des spanischen Rotweins Espelt diese neue Version von „Ich schreib dir ein Buch“. Die Samples, die Hildes Gesang umspielen und allesamt aus den Originalspuren stammen sind während der Anflutungsphase dieses phantastischen Weines in hektisch rauschhaften Enthusiasmus eingespielt worden. Wie eindeutig zu hören: Größtenteils komplett out of Timing . Nach Begutachtung am nächsten Morgen aber für genau richtig und gut empfunden worden. Hilde und Quantisierung, das passt nicht zusammen!

Für „NooOoo“, die Verabschiedung, hat Koze Tomerle & Maiko aufgenommen. Zwei sehr liebe Menschen , die er als Tramper in Mexiko mitgenommen und lieben gelernt hat. Tomerle stammt aus Israel ist und arbeitet als Yogalehrer, Maiko ist Japanerin und sehr mikrofonscheu. Es bedurfte fast ein ganzes Jahr Überredungskunst, ihr die 4 Zeilen hibräischen Gesangs abzuringen. Ein sweetes Gute Nacht Lied für alle seligen Nomaden.

„we’re all sensitive people-with so much to give“ „Amygdala“ ist Kozes Sgt. Pepper !

DJ Koze macht mit dem Soundcloud-Stream des Albumtrack „Track ID Anyone?“ feat. Caribou Appetit auf sein am 22.03.13 kommendes Album „Amygdala“:

http://pitchfork.com/reviews/tracks/14886-track-id-anyone-ft-caribou/

DJ KOZE „AMYGDALA“ TRACKLISTING:
1. TRACK ID ANYONE FEAT. CARIBOU
2. NICES WÖLKCHEN FEAT. APPARAT
3. ROYAL ASSCHER CUT
4. MAGICAL BOY FEAT. MATTHEW DEAR
5. DAS WORT FEAT. DIRK VON LOWTZOW
6. HOMESICK FEAT. ADA
7. LA DUQUESA
8. MARILYN WHIRLWIND
9. MY PLANS FEAT. MATTHEW DEAR
10. DONT LOSE MY MIND
11. AMYGDALA FEAT. MILOSH
12. ICH SCHREIB’ DIR EIN BUCH 2013 FEAT. HILDEGARD KNEF
13. NOOOOO FEAT. TOMERLE & MAIKO

DJ KOZE „AMYGDALA“ DJ DATES:

23.03. München – Bob Beaman / 31.03. Köln – Gewölbe / 06.04. Berlin – Stadtbad Wedding
13.04. Hamburg – Uebel&Gefährlich / 19.04. Nürnberg – Rakete / 20.04. Stuttgart – Rocker33 /
30.04. Leipzig – Conne Island / 21.06. Köln – Stadtgarten c/o Pop Festival / 22.06. Offenbach – Robert Johnson
27.07. Frankfurt/Oder – Helene Bach Festival