DEAFHEAVEN – Ordinary Corrupt Human Love

Mit dem nach Graham Green benannten Ordinary Corrupt Human Love veröffentlichen DEAFHEAVEN ihre vierte Wundertüte, bei der selbst die vertrauteste Hörerschaft im Vorfeld nicht sicher sein kann, was denn wohl drinstecken wird. Die Band aus San Francisco sprengt mittlerweile alle Genrekonventionen und etabliert von Album zu Album ihren ganz eigenen Stil. Aus Black Metal, Postrock und Shoegaze kreieren sie einen Sound, der sich allein der Kunst und großer Emotionen verpflichtet fühlt.

DEAFHEAVEN – Ordinary Corrupt Human Love

Schwelgerisch, ja fast schon verträumt steigen sie mit „You Without End“ ein, das von ausladenden Pianoklängen und zart gezupften Gitarren untermalt wird. Dazu gibt es von Nadia Kury gesprochene Zeilen aus einer Kurzgeschichte des Autors Tom McElravey. Das folgende „Honeycomb“ führt dann so langsam zum „klassischen“ DEAFHEAVEN-Sound über. Das fauchige Gekeife von Frontmann George Clarke übernimmt das Zepter und auch der eine oder andere Blastbeat wird vom Stapel gelassen. Dies alles jedoch bei einer nicht minder melodiösen Gesamtausrichtung. „Honeycomb“ ist eines von vier Stücken, das die 10-Minutengrenze sprengt, und sich dementsprechend Zeit für einen abwechslungsreichen Strukturaufbau nimmt.

Ganz ähnlich sieht es bei „Canary Yellow“ aus, das musikalisch phasenweise an die großen Postrocker von MOGWAI erinnert. Hier verbinden DEAFHEAVEN all ihre Qualitäten, die sie mittlerweile auszeichnen: große Epik, flirrende Sounds und mitreißende Melodien. Etwas Zeit zum Durchatmen gibt das sphärische „Near“, das gänzlich entrückt vor sich hin schwebt. „Glint“ und das abschließende „Worthless Animal“ sind erneut diese übergroßen DEAFHEAVEN-Dramen, die mit jedem Ton und Sekunde an unmittelbarer Vehemenz gewinnen. Ein besonderes Schmankerl ist sicherlich „Night People“, das kürzeste Stück auf Ordinary Corrupt Human Love. Chelsea Wolfe und ihr Kollege Ben Chisolm verleihen ihre Stimmen dieser düster-romantischen Piano-Ballade, die so untypisch für DEAFHEAVEN ist, und dennoch genau so auf diesem Album vertreten sein muss.

Befreit von allen Genregrenzen und Szene-Regularien befinden sich DEAFHEAVEN in ihrem eigenen musikalischen Universum, das nach Perfektion in Wort und Klang strebt. Ordinary Corrupt Human Love ist das erhofft komplexe und eindringliche Werk geworden, auf das man nach Sunbather und New Bermuda hoffen durfte.

DEAFHEAVEN – Ordinary Corrupt Human Love (Anti / Indigo)

(Jens)