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A.A. WILLIAMS – Forever Blue

Mit Bands wie Cult Of Luna und Russian Circles auf Tour gewesen zu sein oder mit Mono eine gemeinsame 10“ Vinyl aufgenommen zu haben sind schon mal nicht die schlechtesten Visitenkarten fürs eigene Schaffen. Und wer lediglich mit einer EP im Rücken das Roadburn Festival spielt, muss schon etwas Besonderes an sich haben. Diese besondere Künstlerin ist A.A. WILLIAMS, die nun mit FOREVER BLUE ihren ersten Langspieler präsentiert.

A.A. WILLIAMS – Forever Blue

Und man mag kaum glauben, dass es sich hier um ein Debüt handeln soll! Mit nahezu erschreckender emotionaler Wucht und betörend schöner Musik lotet Williams emotionale Abgründe aus, die dauerhaft lodernde Glutnester in den Herzen der geneigten Hörerschaft hinterlassen. Wie eine dunkle Version von Agnes Obel zaubert A.A. Williams mit ihrem Gesang, Gitarren-, Cello- und Pianospiel unwiderstehliche Hymnen hervor, die man so schnell nicht wieder los wird.

Aufgenommen zusammen mit ihren Ehemann Thomas Williams (Bass) und Geoff Holroyde (Schlagzeug), steuern Johannes Persson (Cult Of Luna), Fredrik Kihlberg (Cult Of Luna) und Tom Fleming (ex-Wild Beasts) gesangliche Gastauftritte bei. Sei es die erste Singleauskopplung „Melt“, die mit ihrem sphärischen Beginn und der späteren Wucht gut die musikalische Richtung des Albums charakterisiert oder das herzzerreißende „Glimmer“, das zu den eindringlichsten Stücken überhaupt gehört, FOREVER BLUE ist eine Offenbarung.

Dabei ist es eigentlich überflüssig hier auf einzelne Songs einzugehen, sind doch alle acht Stücke der Scheibe ausnahmslos hochklassig. Die Musik von A.A. WILLIAMS ist tief ergreifend ohne dabei auf billigen Pathos zu setzten. Organisch und authentisch tönt es auf FOREVER BLUE, welches eine übermächtige Aura und Anziehungskraft besitzt. Wer einen Sinn für zerbrechliche Schönheit hat, die sich nur allzu oft in den Schattenseiten des Lebens versteckt, der sollte dieses Album schnellstens in sein eigenes lassen. Ein Meisterwerk!

A.A. WILLIAMS – Forever Blue

(Jens)

HORISONT – Sudden Death

Brandneuen Vintage-Rock der Extraklasse hauen uns dieser Tage die Schnauzbärte von HORISONT um die Ohren. Sudden Death heißt ihr neues Werk, das sich von einer außerordentlichen Spiel- und Experimentierfreude zeigt.

HORISONT – Sudden Death

Gut drei Jahre nach ihrem letzten Album About Time (2017) gibt es elf frische Gassenhauer, die eine enorme Vielseitigkeit aufweisen. Gleich zu Beginn zeigen HORISONT mit „Revolution“, dass sie einfach das tun, worauf sie Bock haben. Anstatt dem Albumtitel entsprechend mit einer krachenden Nummer einzusteigen, gibt es stattdessen einen astreinen Bud Spencer-Song a la Oliver Onions. Bereits hier wird deutlich, dass das Piano weiter in den Vordergrund des HORISONT-Sounds gerückt ist. Doch keine Sorge an die Traditionalisten, mit „Pushin‘ The Line“ oder „Runaway“ sind nach wie vor auch straighte Rocker auf Sudden Death vertreten, die im Fall von „Standing Here“ auch mal einen Schuss Epik verpasst bekommen.

Deutlich ruhiger geht es dagegen auf dem einzig in schwedischer Sprache vorgetragenen Stück „Gråa Dagar“ zu, das zusammen mit der opulenten Piano-Power-Ballade „Hold On“ den emotionalen Pegel zum maximalen Ausschlag bringt. Seinen Abschluss findet Sudden Death im Sci-fi-Instrumental „Archaeopteryx In Flight“ mit Synthie-Sound und Captain Future-Vibes. Was allen Stücken bleibt sind natürlich die tollen Twin-Gitarren und der unverwechselbare Gesang von Frontmann Axel.

HORISONT haben sich stilistisch offensichtlich mal so richtig freigeschwommen. Sudden Death bietet bis ins Detail ausgearbeitetes Songwriting und den Mut für Klänge neben dem breitbeinigen Retro-Rock. Ihre Klasse garantiert das Gelingen dieses Unterfangens.

HORISONT – Sudden Death (Century Media)

(Jens)

IGORRR – Spirituality And Distortion

Wenn man nach musikalischen Freigeistern sucht, dürfte Gautier Serre, der Mastermind hinter IGORR, wohl ganz oben auf der aktuellen Fahndungsliste stehen. Bereits mit dem 2017er Album Savage Sinusoid sprengte der Franzose alle Genregrenzen. Das aktuelle Werk Spirituality And Distortion setzt diesen Weg konsequent fort und begibt sich noch weiter hinein in unbekannte Klangwelten.

IGORRR – Spirituality And Distortion

Diese zu beschreiben fällt auch dem scharfsinnigsten Rezensenten nicht gerade leicht. Eine stringente Darstellung des Dargebotenen entzieht sich ähnlich wie die Deutung eines David Lynch Filmes. Wenn heftiger Metal auf barocke Klassik trifft und Ethno-Sounds auf elektronische Beats, dann ist dies zumeist erst der Anfang von einem stilistischen Inferno, das sich erstaunlicherweise zu einem stimmigen Ganzen formt. Blastbeats und Operngesang schließen sich hier genauso wenig aus wie das markerschütternde Organ von Cannibal Corpse Frontmann George „Corpsegrinder“ Fisher und Lo-Fi 8-Bit Gezirpe.

Als Hörer kommt man kaum hinterher, ob der Fülle, die hier geboten wird. Und hier und da scheint sich Gautier Serre auch mal einen augenzwinkernden Spass zu erlauben, etwa wenn er mit „Musette Maximum“ mit seinen entfesselten Akkordeon-Passagen eine waschechte Weird Al Yankovic Hommage auf Speed präsentiert. Geschaffen um als Einheit rezipiert zu werden, machen die einzelnen Teile und Versatzstücke auch nur so einen Sinn. Spirituality And Distortion ist randvoll mit Stimmungen und Erfahrungen, so unterschiedlich sie auch sein mögen. Immer kurz vor der Gefahr des Überlaufens, steckt in diesem Werk doch soviel Oberflächenspannung, dass der Pegel stets auf hohem Niveau gehalten wird.

Der musikalische Ausnahmezustand hat einen Namen: IGORRR!

IGORRR – Spirituality And Distortion (Metal Blade)

(Jens)

PSYCHONAUT – Unfold The God Man

Man muss sich wundern, da taucht eine Band wie aus dem Nichts auf und legt ein Debütalbum vor, das bereits nahe an die Perfektion heranreicht! Diese Band ist PSYCHONAUT aus Belgien, die mit Unfold The God Man ein echtes Highlight veröffentlicht hat.

PSYCHONAUT – Unfold The God Man

Blutige Anfänger sind sie natürlich nicht. Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 haben sie mit 24 Trips Around The Sun (2014) und Ferocious Fellowman (2016) bereits zwei EPs herausgebracht. Gut Ding will also Weile haben bei den Herren aus Mechelen. Auch für das Material auf Unfold The God Man haben sie sich gute 3 Jahre lang Zeit gelassen. Es hat sich gelohnt!

Bereits mit dem Opener „All I Saw As A Huge Monkey“ beweisen sie ihre Qualitäten. In gut sechseinhalb Minuten gibt es einen instrumentalen Vorgeschmack auf das, was noch kommen soll. Musikalisch verknüpfen PSYCHONAUT progressive Härte, sludgy Riffs und melodisches Songwriting zu einer anspruchsvollen Mixtur, die sich in der klanglichen Schnittmenge von THE OCEAN, HYPNO5E und TOOL verorten lässt. Ab „The Story Of Your Enslavement“ gesellen sich cleane Vocals und amtliche Growls zum Sound, die die Inhaltliche Beschäftigung mit den Ursprüngen des Bewusstseins verkünden.

Mit großer Liebe zum Detail knüpfen PSYCHONAUT ein dichtes Klangnetz, das mitreißende Spannungsbögen liefert. Gerade mäandern sie sich noch durch filigrane Melodielinien, da bricht auch schon eine massive Wall Of Sound über den Hörer ein. Hinzu gesellt sich eine psychedelische Atmosphäre, so als hätten sich AMENRA mit KING CRIMSON zusammengetan. Unterstreichen tun dies Stücke wie das epochale „Sananda“, das nicht minder imposante „Halls Of Amenti“ oder das abschließende „Nothing Is Consciousless“. Letzteres kumuliert 16 Minuten lang das zuvor gehörte zu einem finalen Höhepunkt und zeigt, welche Klasse, welches Können in dieser Band stecken.

Unfold The God Man erscheint bei Pelagic Records, der Kaderschmiede des guten Geschmacks, die mit PSYCHONAUT wieder ihr Gespür für außergewöhnliche Musiktalente unter Beweis stellen. So kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Freunde der hier bereits erwähnten Acts dieses Album schlagartig in ihr Herz schließen werden. Ein fulminantes Debüt, das berechtigte Hoffnung auf weitere Glanztaten macht.

PSYCHONAUT – Unfold The God Man (Pelagic Records)

(Jens)

KVELERTAK – Splid

Der Super-GAU für jede halbwegs etablierte Band ist sicherlich der Verlust ihres Frontmannes. Auch KVELERTAK sahen sich mit diesem Problem konfrontiert. Nach dem Weggang ihrer Stammröhre Erlend Hjelvik rekrutierten die Norweger im Sommer 2018 kurzerhand ihren alten Kumpel Ivar Nikolaisen, der bereits als Gastsänger auf dem ersten Album zu hören ist, für die vakante Position am Mikro. Nach gut zweijähriger Vorlaufzeit präsentieren KVERLATAK nun mit Splid ihren neuen Langspieler, der brandneues Material enthält, das sich vor den alten Gassenhauern wahrlich nicht verstecken braucht.

KVELERTAK – Splid

Mit massig Feedback und breiten Riffs läuten KVERLATAK dann den Reigen ein. „Rogaland“ knallt gleich ordentlich aus den Boxen und verströmt sofort diesen unverwechselbaren Vibe der Band. Sie nehmen den Deathpunk ihrer Landsleute Turbonegro und würzen ihn noch mit einer gehörigen Portion Black Metal. Fertig ist die räudige Mischung aus eingängigen Partymelodien und garstiger Aggression.

In dieses Raster fällt auch das folgenden „Crack of Doom“, einer von zwei in Englisch vorgetragener Stücke, bei dem sie tatkräftig von Mastodons Troy Sanders unterstützt werden, der gesanglich gut ins Konzept passt. „Necrosoft“ ballert ordentlich drauf los, ohne dabei den nötigen Mitgröhlfaktor vermissen zu lassen. Anschließend leitet „Discord“ beschwingt zu“ Bråtebrann“, dem absoluten Highlight von Splid, über. Dieses „Freudenfeuer“, so die Übersetzung des Titels, vereint alle Stärken KVERLATAKs und geht einem nicht mehr aus den Ohren. Ein Hit für die Ewigkeit mag man prognostizieren. Hier sind sie so spielfreudig, so auf dem Punkt wie vielleicht noch nie in ihrer Karriere. Hart rockende Riffs bilden das Gerüst für einen Gassenhauer voller Melodien, großer Refrains und mitreißender Gitarrensoli. So muss Metal klingen!
Zwar können KVERLATAK mit der zweiten Hälfte des Albums dieses Niveau nicht ganz halten, pendeln sich aber trotzdem hochklassig ein.

Insgesamt ist Splid aber eine wahre Freude und ein echtes Ausrufezeichen nach gut vierjähriger Funkstille. Mit diesem neu gewonnenen Elan ist den Norwegern sicherlich noch eine Menge zuzutrauen. Einstweilen sind aber alle Freunde kerniger Musikunterhaltung mit diesem Scheibchen bestens bedient.

KVELERTAK – Splid (Rise Records / BMG)

(Jens)

WOODPECKER – 320

Das Trio WOODPECKER stellt auf seiner zweiten EP „320“ fünf Tracks vor, die beweisen, dass handgemachte Rockmucke ohne großen Firlefanz auch Anno 2019 nach wie vor seine Berechtigung hat.

WOODPECKER – 320

Im Jahre 2017 von Jacob Kystgaard (Schlagzeug), Sigurd Neimann (Gesang, Gitarre) und Jason Lee Cameron (Bass) gegründet, bewegen sich WOODPECKER in musikalischen Gefilden, die grob verortet im Grunge liegen. Als Referenz kommen einem sofort Alice In Chains in den Sinn. Die Dänen packen allerdings in ihrem Sound noch eine Spur Härte obendrauf ohne es dabei an musikalischer Finesse vermissen zu lassen.

Die Songs zeichnen sich allesamt durch ausgefeilte Melodien aus, die auf kernige Riffs und eine groovige Rhythmik bauen. WOODPECKER verstehen es Spannungsbögen zu setzten, sei es bei treibenden Krachern wie dem Opener „Blood Flow“, dem folgenden „Animal“ oder „Punk“ oder den beiden übrigen Tracks „Gravedigger“ und „Hand In Hand“. Letztere beiden entwickeln sich langsam zu stampfenden Rockern, die durch einen leicht psychedelischen Schleier hervorbrechen.

Die fünf Nummern auf „320“ machen definitiv Lust auf mehr von WOODPECKER. Wenn die drei auf diesem Niveau weitermachen, dann sollte ein kommendes Album voll ins Schwarze treffen. Wir dürfen gespannt sein.

WOODPECKER – 320 (Wild North Music)

(Jens)

BRUTUS – 19.09.2019 im Bastard Club, OS

BRUTUS live in Osnabrück.

BRUTUS (PR-Foto)

Das Power-Trio BRUTUS konnte kürzlich mit seinem zweiten Album „Nest“ auf ganzer Linie überzeugen. Die Belgier, die ursprünglich mal zusammengefunden haben, um Refused Songs zu covern, glänzen mit ihrer ganz eigenen Mixtur aus Punk, Hardcore und Post-Rock. Neben den flirrenden Gitarren und den treibenden Bässen ist es vor allem Schlagzeugerin / Sängerin Stefanie Mannaerts, die mit ihrer rotzfrechen Stimme für einen absolut eigenständigen Sound sorgt.

Das sie diesen auch live in der Lage sind der geneigten Hörerschaft um die Ohren zu hauen, beweisen sie demnächst u.a. im Osnabrücker Bastard Club:

BRUTUS
19.09.2019
Bastard Club
Einlass: 19 Uhr
Beginn: 20 Uhr
Eintritt: 15 € zzgl. Geb.

(Jens)

DANKO JONES – A Rock Supreme

Seit mehr als zwanzig Jahren steht der Name DANKO JONES für grundehrlichen, schweißtreibenden Rock’n’Roll, der aus jeder Pore seines Körpers den Geist seiner musikalischen Vorfahren verströmt. Angefangen bei Chuck Berry über Kiss bis hin zu den Anfängen des Metals, DANKO JONES hat diese Musik unweigerlich in seine DNA aufgenommen. Mutiert zu einem wahren Rock-Ungetüm, stellt das Power-Trio aus Kanada mit seinem neuen Album A ROCK SUPREME diese Tatsache nun wieder einmal eindrucksvoll unter Beweis.

DANKO JONES – A Rock Supreme

Nein, auch Anno 2019 überrascht uns DANKO JONES nicht mit irgendwelchen Experimenten! In völliger Missachtung irgendwelcher Trends schießt der Dreier elf neue Gassenhauer aus der Hüfte, die ihr Ziel nicht verfehlen. Alles auf den Punkt bringt bereits der Opener „I’m In A Band“. „…and I love it!“, führt der Maestro weiter fort, dem man diese Ode an seine Profession zu 100 % abnimmt. Ein Leben für den Rock’n’Roll und für die begeisterten Massen, immer „on the road“. Das faszinierende an Dankos Attitüde ist, das diese nach all den Jahren immer noch authentisch und absolut ehrlich rüber kommt. Was bei manch anderem mittlerweile mehr eine hohle Phrase zu sein scheint, ist bei DANKO JONES ein Glaubensbekenntnis.

Dankos mitreißende Riffs, das treibende Schlagzeugspiel von Rich Knox und das allseits grundsolide Bassfundament von Langzeit Kollaborateur John Calabrese, mehr braucht es auch auf A ROCK SUPREME nicht, um weitere Ausrufezeichen in die Rockhistorie zu setzen. „We’re Crazy“, „Lipstick City“ oder „Fists Up High“ werden sich nahtlos in die Setlist einfügen, die ohnehin schon mit reichlich Hits gespickt ist. Zum Ende hin gibt es mit „Burn In Hell“ noch einen countryesk angehauchten Kracher in lupenreiner DANKO JONES-Manier, bevor „You Can´t Keep Us Down“ den fulminanten Schlusspunkt setzt, der mit seinem Titel keiner weiteren Erklärung bedarf.

Es ist doch schön, dass man sich in unserer schnelllebigen Welt gibt immer noch auf ein paar wenige Dinge verlassen kann. Die Rock-Konstante heißt definitiv DANKO JONES. Und solange uns diese drei Typen da oben auf der Bühne ihre Mucke präsentieren, gibt es einen funken Hoffnung.
A ROCK SUPREME is a Rock superb!

DANKO JONES – A Rock Supreme (AFM Records)

(Jens)

BRUTUS – Nest

Mit ihrem Debüt „Burst“ haben BRUTUS vor knapp zwei Jahren die geneigte Community gleichermaßen überrascht wie begeistert. Nun gilt es für die einstige Refused Coverband zu beweisen, dass sie mit ihrem Zweitwerk „Nest“ an den hohen Qualitätsstandart des Erstlings anknüpfen kann und in der Lage ist, mit ihrem ureigenen Soundmix aus Punk, Hardcore und Post-Rock wieder ein brodelndes Ganzes zu formen.

BRUTUS – Nest

Lange braucht man nicht, um zu merken, dass es auch auf „Nest“ an allen Ecken und Enden flammt und lodert. Passenderweise eröffnet der Dreier aus Belgien dann auch mit „Fire“ den insgesamt elf Tracks umfassenden Reigen. Sofort stellt sich dieses typische Gefühl ein, dass man beim Lauschen von BRUTUS‚ Musik erfährt. Dieses generiert sich aus dem ganz besonderen Gesang von Schlagzeugerin Stefanie Mannaerts, die zu ihrem Glück seinerzeit erst gezwungen werden musste, dem sphärischen Gitarrenspiel von Stijn Vanhoegaerden und den treibenden Bassläufen von Peter Mulders. Zusammen ergibt sich eine absolut eigenständige Einheit, die spielend leicht zwischen wütender Raserei und feiner Melancholie hin und her pendelt.

Filigrane Melodien und eine rotzige Attitüde stehen bei BRUTUS in keinem Gegensatz zueinander. Vor allem die voller Inbrunst vorgetragenen Lyrics fesseln unmittelbar. Wenn Mannaerts mitreißend keift und faucht, traut man sich kaum zu widersprechen. Dabei bearbeitet sie parallel die Felle ihrer Schießbude, denen sie urwüchsige Rhythmen entlockt, die die Songs auf eine regelrechte Achterbahnfahrt schicken. Bestes Beispiel hierfür ist ein Song wie „War“, der auf einem ruhigen Gitarrenpart aufbaut, um dann förmlich zu explodieren. BRUTUS lassen kurz den Hofhund von der Leine, nur um ihn dann mit dem Satz „…der will doch nur spielen!“ wieder zurückzupfeifen.

Es ist schon erstaunlich, dass eine junge Band wie BRUTUS bereits mit einer derart eigenen Stimme spricht. „Nest“ unterstreicht die Klasse dieser Formation, die mit diesem Album ihre Erfolgsgeschichte weiter fortschreiben dürfte.

BRUTUS – Nest (Hassle / Rough Trade)

(Jens)

ALAN DOYLE auf Europa-Tournee.

Hierzulande mag der Name ALAN DOYLE vielen vielleicht noch kein Begriff sein, in seiner Heimat Kanada ist der Sänger der äußerst erfolgreichen Band GREAT BIG SEA dagegen ein prominenter Vertreter seiner Zunft. Der zudem als Schauspieler, Produzent und Bestseller-Autor aktive DOYLE präsentiert mit „A Week At The Warehouse“ sein drittes Soloalbum, welches er seinem deutschen Publikum nun auch persönlich vorstellt.

Alan Doyle
(Photo by Margaret Malandruccolo)

Ab Ende März kommt er auf Europa-Tour.
Wer ALAN DOYLE live erleben möchte, hat die Gelegenheit dazu:

31.03.2019 – München, Milla
02.04.2019 – Köln, Blue Shell
03.04.2019 – Hamburg, Nachtspeicher

UNCLE ACID & THE DEADBEATS – „WASTELAND TOUR“ 2018

Gut zwei Jahre ist es her, dass uns UNCLE ACID & THE DEADBEATS auf europäischen Bühnen beehrt haben. Nun gastieren die Briten um Bandkopf Kevin Starrs wieder in hiesigen Hallen, um ihr neues Album „Wasteland“ zu präsentieren.

UNCLE ACID & THE DEADBEATS – „WASTELAND TOUR“ 2018

Freunde bizarrer Schauergeschichten gekleidet in psychedelischem Retro-Hard-Rock dürften hier wieder vollends auf ihre Kosten kommen. Ein lakonischer Gesang und harte Riffs gehören zu den Markenzeichen der Band, die gerade live einen amtlichen Bums hat.

Als Unterstützung sind L.A. WITCH mit an Bord, die alle Anwesenden auf die nötige Betriebstemperatur bringen dürften.

Werdet Zeuge dieses schrecklich schönen Ereignisses bei folgenden Deutschland-Dates:

17.11.2018 – Hamburg, Knust
26.11.2018 – Berlin, SO36
28.11.2018 – Dresden, Beatpol
01.12.2018 – München, Strom
06.12.2018 – Karlsruhe, Substage
07.12.2018 – Osnabrück, Rosenhof
08.12.2018 – Köln, Luxor

DEVILLE – Pigs With Gods

Dem Stoner/Sludge-Genre ein wenig überdrüssig geworden, haben die Schweden DEVILLE ihren Bandsound auf dem neuen Longplayer ein wenig mehr in Richtung Metal ausgerichtet. Zackig und garstig kommt „Pigs With Gods“ aus den Boxen geschallt. Fremd wird sich der Vierer dann aber doch nicht, dafür haben sie viel zu viele Qualitäten angehäuft, die es weiterhin auszuspielen gilt.

DEVILLE – Pigs With Gods

Moderner klingen DEVILLE, die sich ein wenig vom Muff des Retro-Rocks befreit haben. Alles wummert ein wenig tiefer und düsterer. Geblieben sind ausgereifte Songstrukturen mit eingängigen Gesangsmelodien. Ein Song, der bezeichnend für die „neuen“ DEVILLE steht, ist das im Midtempo vorantreibende „Wrecked“. Ein Nackenbrecher, der frei von Klischees harten Rock und Metal perfekt vereint. Das folgende „Acid Meadows“ zeigt sich nach seinem akustischen Gitarren-Intro fast schon ein wenig proggig, bevor dann wieder hymnische Refrains das Ruder übernehmen übernehmen.

Insgesamt kann man DEVILLE attestieren, dass sie mit Pigs With Gods variantenreicher unterwegs sind, als mit ihren bisherigen Veröffentlichungen inklusive dem Vorgänger Make It Belong To Us. Wohin die Reise gehen könnte zeigt dann das abschließende „In Reverse“, das sphärische Passagen mit unmittelbaren Riff-Gewittern kombiniert.

Fans sollten dieser wohldosierten Modernisierung ihrer Band freundlich gesonnen sein, schließlich werden sie mit einem abwechslungsreichen Sound belohnt, der Pigs With Gods zu einem unterhaltsamen Hörerlebnis macht.

DEVILLE – Pigs With Gods (Fuzzorama / Soulfood)

(Jens)

WE HUNT BUFFALO – Head Smashed In

Obacht, die Büffeljäger sind wieder auf der Pirsch!
Das kanadische Trio WE HUNT BUFFALO stellt dieser Tage mit „Head Smashed In“ den Nachfolger ihres ausgesprochen gelungenen 2015er Werkes „Living Ghosts“ vor.

WE HUNT BUFFALO – Head Smashed In

Nach wie vor gibt es den gewohnt mitreißenden Mix aus hartem Fuzz-Rock, eingängigen Melodien und einer Prise Psychedelica. Die Gitarren braten mit warmen Sounds eine amtliche Riffbreiteseite nach der anderen raus, während Sänger Ryan Forsythe seine markante Stimme gekonnt in den Fokus stellt. Gerade er verleiht dem Sound von WE HUNT BUFFALO einen äußerst eigenständigen Charakter. Kraftvoll und doch melodisch singt er vom nicht immer einfachen Leben als Musiker („Industrie Woes“) oder zitiert schon mal alte irische Folklore („The Giants Causeway“).

Der Opener „Heavy Low“ macht seinem Namen alle Ehre, indem er schleppend und doomig ins Album führt. Die Burschen aus einem Vorort von Vancouver haben schon ordentlich Druck auf dem Kessel, wenn es mit Stücken wie „Angler Must Die“ oder „Prophecy Wins“ weitergeht. Einen Zwischenspurt gibt es mit „Get In The Van“, einem Instrumental, bei dem sie mal kurz aufs Gaspedal treten. Rhythmisch und in der Melodieführung variantenreich zeigt sich „Ancious Children“, das einen vorsichtigen Blick ins Balladeske wirft.

WE UNT BUFFALO ziehen mit Head Smashed In weiter ihr Ding durch. Ihr großes Plus ist es, dass sie in einem Genre, das nicht gerade arm an Vertretern ist, einen individuellen Wiedererkennungswert besitzen. Unaufgeregt und ohne große Mätzchen lassen sie ihren puren Rock vom Stapel, dessen Spielfreude sich unmittelbar auf den geneigten Hörer überträgt. Es ist nur Rock’n’Roll, aber uns gefällt’s!

WE HUNT BUFFALO – Head Smashed In (Fuzzorama / Soulfood)

(Jens)

THE OCEAN – Phanerozoic I: Palaeozoic

Wenn ein Album am musikalischen Firmament erscheint, dessen Titel irgendwie mit einem Erdzeitalter zu tun hat, weiß die geneigte Hörerschaft schon, was und vor allem wer ihnen da ins Haus steht…! THE OCEAN reisen weiter durch die geomorphologische Geschichte unserer Erde und füllen mit ihrem neuen Werk PHANEROZOIC I: PALAEOZOIC die zeitliche und inhaltliche Lücke zwischen PRECAMBRIAN (2007) und HELIOCENTRIC / ANTHROPOCENTRIC (2010).

THE OCEAN – Phanerozoic I: Palaeozoic

Es geht um die Ausbreitung sowie Diversifizierung des Lebens inklusive wiederkehrender Massenvernichtung vieler Arten. Und da THE OCEAN nicht irgendeine Band ist, die dies mal eben so abhandelt, ist das aktuelle Konzept dann gleich auch wieder so umfangreich geworden, dass das vorliegende Album nur der erste Teil der Story ist. Teil zwei soll dann im Jahre 2020 erscheinen, so dass man schon jetzt davon ausgehen kann, dass es allen Beteiligten definitiv nicht langweilig wird.

Und nicht nur beim Anspruch ist sich THE OCEAN-Mastermind Robin Staps treu geblieben. Eine Konstante sind auch die ständigen Line-up-Wechsel im „Collective“. Immer noch mit von der Partie ist aber Sänger Loic Rossetti, der sich bei den neuen Songs in Höchstform präsentiert. Äußerst variabel changiert er zwischen wüsten Growls und fein gesungenen Melodien, wobei die cleanen Passagen durchaus im Fokus liegen. Eine kurze Pause bekommt er neben dem Intro beim Instrumental „The Carboniferous Rainforest Collapse“. Gesangliche Unterstützung findet er bei „Devonian: Nascent“. Hier greift sich zunächst KATATONIA-Sänger Jonas Renkse das Mikro, bevor Rossetti später wieder übernimmt. Dieses 11-minütige Epos mit seiner dunklen Melancholie inkl. Cello- und Klavieruntermalung ist sicherlich ein Highlight der Scheibe, und zeigt die ganze Bandbreite von THE OCEAN.

Aber auch der Rest ist von absoluter Spitzenklasse. Trotz unzähliger Details und jeder Menge Finesse im Songwriting und in den Arrangements scheint PHANEROZOIC I: PALAEOZOIC deutlich zugänglicher und direkter zu sein, als es noch die letzten Veröffentlichungen waren. Man wird unmittelbar ins Geschehen gezogen. Straffer und aufgeräumter klingt das neue Material, ohne es an progressiver Eloquenz mangeln zu lassen. Dies unterstreicht nicht zuletzt der geniale Schlusspunkt „Permian: The Great Dying“. Eine rauschhafte Mixtur aus Energie, Melodik und großen Emotionen. Der Track hinterlässt einen geplätteten Hörer, der nun nur noch fieberhafter auf die Fortsetzung dieses phänomenalen Meisterwerkes wartet!

Fazit: Großes Kino. Große Kunst. Kurz gesagt: THE OCEAN!

THE OCEAN – Phanerozoic I: Palaeozoic (Metal Blade)

(Jens)

RISING – Sword And Scythe

Zwei Jahre sind ins Land gezogen seit uns RISING mit ihrem letzten Album OCEANS INTO THEIR GRAVES beglückt haben. Nun präsentieren die Dänen mit SWORD AND SCYTHE den nicht minder tollen Nachfolger, der die zuvor eingeschlagene Marschrichtung konsequent fortsetzt und weiter ausbaut.

RISING – Sword And Scythe

Man hört dem neuen Werk an, dass hier die gleiche Mannschaft wie beim 2016er Vorgänger am Start ist. Eine Kontinuität, auf die Bandkopf Jacob Krogholt nicht immer bauen konnte. Nun scheint er aber mit Gründungs-Drummer Martin Niemann, Sänger Morten Grønnegaard, Gitarrist Anders Bo Rasmussen und Bassist Bjarke Lassen ein stabiles Bandgefüge gefunden zu haben, das seine musikalische Vision dauerhaft verwirklichen kann. Dementsprechend stimmig und wie aus einem Guss klingt dann auch das Material auf SWORD AND SCYTHE. Überhaupt scheinen RISING ihren eigenen Sound gefunden zu haben. Sich in der Schnittmenge aus Metal, Doom, Sludge und auch progressiveren Klängen bewegend, verstehen sie es, stets eigene Akzente zu setzen und absolut eigenständig zu klingen, sowohl beim Sound als auch beim Songwriting.

Dies gilt auch für die 12 neuen Tracks, die stilistisch nahtlos an das letzte Album anknüpfen. Nach einem kakophonischen Intro wählen RISING mit „Empirical“ einen knackigen Einstig. Der Midtempo-Kracher ebnet den Weg für die weiteren Schmankerl, die noch folgen sollen. Dunkel und nach vorne peitschend begrüßt uns als nächstes „Hunger And Exile“, bei dem nicht nur die wundervollen Twin-Gitarrenläufe für erste Gänsehautmomente sorgen, sondern auch die kraftvoll episch-melodiösen Gesangslinien von Sänger Morten Grønnegaard.

Eine erste kleine Zäsur gibt es mit dem getragenen „Camp Century“, das fast ein wenig an Alice In Chains erinnert. „White Heat“ gibt dann wieder auf die Zwölf mit seinem schnarrenden Bass und dem treibenden Schlagzeug. Umso überraschender sind die Chöre im Mittelteil, die nur eines von vielen Details sind, die RISING auf SWORD AND SCYTHE geschickt einstreuen. Wie zum Beweis beginnt das nachfolgende „Ancestral Sun“ dann auch mit Pianoklängen, bevor es erneut heavy wird. „Civil Dawn“, ein kurzes Flötenintermezzo (!!!), leitet über zu „Salted Earth“ einem epischen Doomer mit Streicheruntermalung. Dann „Renewal Ritual“, der Song mit dem wohl größten Hitpotential des Albums. Er kombiniert alle Stärken der Dänen: Melodie, Härte und jede Menge Anspruch.

Bevor es ins Finale geht, gibt „Kill Automation“ für zweieinhalb Minuten noch einmal richtig Gas, während der vorletzte Streich „Sea Of Irrelevance“ durchaus ein wenig sperrig daherkommt. Für den krönenden Abschluss schmeißen RISING dann noch einmal alles in den Ring. „Aeterna“ prog-rockt sich mit ausgefeilten Gitarrenarrangements und Tempowechseln durch die Klanglandschaft und hinterlässt einen gleichermaßen beeindruckten wie begeisterten Hörer.

Mit SWORD AND SCYTHE schrauben RISING ihr eigenes Qualitätsniveau noch einmal deutlich in die Höhe. Noch detailreicher, noch ausgereifter präsentiert sich das Quintett, das sich vor der Konkurrenz nicht verstecken muss. Im Gegenteil! Mit diesem Scheibchen sind sie definitiv ein heißer Anwärter auf die Pole-position im Genre.

RISING – Sword And Scythe (Indisciplinarian)

(Jens)

UNCLE ACID & THE DEADBEATS – Wasteland

Ein kultig knarziger Sound, eine lakonische Stimme und dazu bizarre Geschichten aus diabolischen Zwischenwelten… Willkommen im seltsamen Universum des Kevin Starrs und seinen UNCLE ACID & THE DEADBEATS!

UNCLE ACID & THE DEADBEATS – Wasteland

Wasteland, der fünfte Langspieler der Briten, führt uns in ein dystopisches Szenario, in dem ein repressiver Überwachungsstaat die Menschen kontrolliert, die sich alternativ nur in eben jenes Ödland flüchten können. Dieses Setting bietet die thematische Grundlage für UNCLE ACID & THE DEADBEATS‘ neues Werk, das musikalisch wieder einmal psychedelischen Retro-Hardrock präsentiert, der Verschrobenheit mit jeder Menge Hit-Potential kombiniert.

Mit doomigen Riffs und breiten Orgel-Sounds liefert der Opener „I See Through You“ gleich den passenden Einstig ins Album. Sofort hat man diesen unverwechselbaren Klang im Ohr, den Starrs mittlerweile mit seinen Deadbeats etabliert hat. Etwas schroff und roh klingt es schon, wenn der Onkel und seine Mannen loslegt. Gleichwohl sind die Songs dermaßen Eingängig, dass man gar nicht anders kann, als sich sofort von ihnen einnehmen zu lassen.

Mit viel Elan entspinnt sich die Geschichte weiter und weiter, während sich ein Hit an den nächsten reiht. „Bloodrunner“ ballert ohne in den Rückspiegel zu blicken mit mächtigem Drive aus den Boxen. Der Titeltrack hingegen entführt einen auch musikalisch in das zuvor beschriebene „Wasteland“. Mit seinen Akustikgitarren und den getragenen Melodien könnten UNCLE ACID & THE DEADBEATS hiermit auch den passenden Soundtrack für einen staubigen Westernstreifen abliefern.

Bis zum schließenden „Exodus“ packen UNCLE ACID & THE DEADBEATS mit Wasteland ein rundum gelungenes Gesamtpaket, das den Freund besonderer Rockklänge begeistern dürfte. Wer zuvor bereits dem Onkel vertraute, der wird auch von seinem fünften Streich keineswegs enttäuscht sein!

UNCLE ACID & THE DEADBEATS – Wasteland (Rise Above Records)

(Jens)

EARTH SHIP – Resonant Sun

Nachdem das Ehepaar Jan und Sabine Oberg zuletzt unter dem Namen GRIN einen psychedelisch-knarzenden Doombrocken („Revenant“) unter das begeisterte Volk gebracht hat, widmet es sich zusammen mit ihrem neuen Drummer Sebastian Grimberg nun wieder ihrem musikalischen Hauptvehikel. Als EARTH SHIP veröffentlichen sie mit „Resonant Sun“ dieser Tage ihr mittlerweile fünftes Album, das erneut allerhand Wüstenstaub aufzuwirbeln vermag.

EARTH SHIP – Resonant Sun

Den Einstieg macht der groovende Opener „A Handful Of Flies“. Wummernde Bassläufe, eine fuzzige Gitarre und das treibende Schlagzeug geben die Marschrichtung vor, die auch die weiteren sieben Stücke einschlagen werden. Ob nun sludgy-doomig wie bei dem folgenden „Smoke Filled Sky“ und dem schließenden „River Of Salt“ oder mit einer gehörigen Prise Heavy-Psych-Blues veredelt wie bei „Dormant“, EARTH SHIP wissen ihre Songs geschickt zu variieren. Dafür brauchen sie keinen schmückenden Firlefanz, sondern ihnen reicht ein gutes Songwriting und ein ehrlich erdiger Sound, der unter eigener Regie im hauseigenen „Hidden Planet Studios“ in Berlin entsteht.

Die Varianz ihres Schaffens verdeutlichen alleine Tracks wie der Titelsong „Resonant Sun“, der mit einem eingängigen Riff von Anfang an simpel aber prägnant auf den Punkt kommt, und das deutlich vertracktere „Whiplash“, welches kantiger und auch eine ganze Ecke garstiger um die Ecke kommt. Man merkt den Protagonisten an, dass sie wissen, was sie tun. EARTH SHIP haben ihren ganz eigenen Sound gefunden und verfeinern ihn von Mal zu Mal mehr. Dieser Umstand ist durchaus zu würdigen, bewegen sie sich doch in einem Genre, das nur all zu oft in selbstreferenziellen Konventionen gefangen ist.

EARTH SHIP werfen mit „Resonant Sun“ ein weiteres Ausrufezeichen in Sachen Sludge/Doom/Stoner-Metal in den Ring, das keinen Fan enttäuschen dürfte.

EARTH SHIP – Resonant Sun (Pelagic Records)

(Jens)

ME & MUNICH – Knives Of The Sun

Nein, ME & MUNICH kommen nicht aus der bayrischen Landeshauptstadt, sondern aus dem deutlich über dem Weißwurstäquator liegenden Dänemark! Mit Knives Of The Sun veröffentlicht das Duo dieser Tage seine Debüt-EP, auf dem es kernigen Rock präsentiert, der eine Menge Flair der 90er Jahre versprüht.

ME & MUNICH – Knives Of The Sun

Jan Petersen und Marco Bøgehøj sind ihrerseits erfahrene Protagonisten der dänischen Musiklandschaft. Bisher unter dem Namen SHOCKING WHITE aktiv, haben sich die beiden dazu entschlossen, nun als ME & MUNICH auf die Bühnen dieser Welt zu treten. Grund war ein vollzogener Stilwechsel, der für die beiden der Anlass für den namentlichen Neustart war.

So lärmen sich Petersen und Bøgehøj nun also unter neuer Flagge durch fünf Tracks, die allesamt von krachenden Gitarrenriffs und treibenden Drums geprägt sind. Irgendwo zwischen schrabbeligem Garage-Sound und großer Rockgeste geht es bei ME & MUNICH zur Sache. Fast schon süße Melodien treffen auf noisige Passagen, während eine amtliche Post-Punk-Attitüde für die passend schnodderige Atmosphäre sorgt.

Wer also neben seinen Pixies und Frank Black Veröffentlichungen noch ein wenig Platz im gut sortierten Plattenschrank hat, der kann diese mit dem ersten musikalischen Lebenszeichen von ME & MUNICH gut füllen.

ME & MUNICH – Knives Of The Sun (Screamlite Records)

(Jens)

A BEAUTIFUL DAY

Joaquin Phoenix, der wohl zurzeit eindringlichste Charaktermime Hollywoods, stellt in A BEAUTIFUL DAY wieder einmal sein Talent für gebrochene Figuren zur Schau. In Lynn Ramsays knallhartem Rache-Thriller verkörpert Phoenix den Kidnapping-Spezialisten Joe, dessen Fachgebiet das Auffinden und die Rettung entführter Kinder ist.

A BEAUTIFUL DAY – Blu-ray

Zunächst scheint sich sein aktueller Auftrag kaum von den anderen schmutzigen Jobs zu unterscheiden, die er bisher erfolgreich erledigt hat. Er soll die halbwüchsige Tochter eines New Yorker Senators aus den Fängen eines Kinderhändlerringes befreien, der Nina (Ekaterina Samsonov) in einem Bordell gefangen hält. Auf gewohnt rabiate Weise gelingt es Joe das Mädchen zu befreien. Doch das soll erst der Anfang eines verhängnisvollen Strudels von Gewalt und herben Schicksalsschlägen sein, die fortan ihren Lauf nehmen. Die Gegner, mit denen sich Joe dieses Mal angelegt hat, scheinen mächtiger und einflussreicher zu sein, als er es sich jemals hätte denken können.

A BEAUTIFUL DAY ist ein schnörkellos erzählter Trip durch die Abgründe menschlichen Handelns. In einer filmischen Mischung aus TAXI DRIVER und LEON DER PROFI durchstreift Joaquin Pheonix als Joe die von kaltem Neonlicht durchfluteten Großstadtstraßen, stets auch auf der Flucht vor seinen eigenen Dämonen. Bruchstückhaft erfährt der Zuschauer in kurzen Rückblenden wie Joe zum dem geworden ist, der er ist. Und soviel sei gesagt, das Glück schien noch nie auf seiner Seite gewesen zu sein…!

Der Film konzentriert sich im Wesentlichen auf das beeindruckende Spiel seines Hauptdarstellers, der für seine darstellerische Leistung verdientermaßen den Preis für den besten Hauptdarsteller bei den Filmfestspielen in Cannes gewonnen hat. A BEAUTIFUL DAY ist hart, brutal und dennoch voller Menschlichkeit. Ein Genrefilm, der jeden Freund anspruchsvoller Thriller-Unterhaltung begeistern dürfte!

Extras:
Interview Joaquin Phoenix (ca. 9 Min.) – Interview Lynne Ramsay (ca. 8 Min.) – Trailer Deutsch (ca. 2 Min.) – Trailer Englisch (ca. 2 Min.)

Ausstattung:
Bildformat: 2.39:1 in 16:9
Tonformat: Deutsch DTS-HD 5.1, Deutsch Dolby Digital 2.0, Englisch DTS-HD 5.1,
Deutsche Untertitel für Hörgeschädigte
Land/Jahr: Großbritannien/Frankreich 2017
FSK: ab 16 Jahren freigegeben
Länge: ca. 90 Min.

A BEAUTIFUL DAY – Blu-ray (Constantin Film)

(Jens)

SHOSHIN – A Billion Happy Endings

SHOSHIN aus Manchester haben sich auf den Weg gemacht, um von Berlin aus die Musikwelt zu erobern.

SHOSHIN – A Billion Happy Endings

Zusammengespielt haben sich Pete (Gitarre, Gesang), Joe (Bass) und Sophie (Schlagzeug) ihren Erstling quasi auf der Straße. In echter Guerilla-Manier wurden vor den Toren größerer Rock-, Metal- und HipHop-Shows spontane Gigs abgehalten, die die ahnungslosen (Fremd-) Konzertbesucher von den eigenen Qualitäten überzeugen sollten. Überzeugt haben sie zumindest den namhaften Produzenten Moses Schneider (Beatsteaks, Tocotronic etc.), mit dem sie A Billion Happy Endings aufgenommen haben.

Musikalisch bieten SHOSHIN einen bunten Mix an Stilen, der seine Fundamente im Gitarren orientieren Rock hat. Eingängig und immer ein wenig punkig spielt sich das Trio durch ihre Tracks, die stets auch eine gehörige Portion HipHop mit an Bord haben. Frontmann Pete zeigt sich stimmlich äußerst variabel. Neben einer klassischen Rockröhre besitzt er das Talent zu einem amtlichen Sprechgesang, der den Stücken eine gehörige Portion Crossover-Vibe verpasst. So erinnern SHOSHIN ein wenig an die Protagonisten dieses Genres wie etwa Clawfinger oder die H-Blockx.

Die Drei verstehen ihr Handwerk und können mit ihrem technischen Know-how punkten. Die Songs wirken trotz ihrer stilistischen Vielfalt stets homogen und verströmen eine Menge Spielfreude. Freunde diverser Spielarten populärer Musik werden hier gleichermaßen gut bedient, und dürften mit A Billion Happy Endings auf ihre Kosten kommen.

SHOSHIN – A Billion Happy Endings (Dodo Beach Originals / Rough Trade)

(Jens)