GHOST – Prequelle

Mit dem Gebrauch von Superlative sollte man in der Regel ja eher sparsam sein. Hinsichtlich GHOSTs neuem Werk „Prequelle“ ist jegliche Zurückhaltung diesbezüglich allerdings nicht angebracht. Enttarnt und doch voll „in character“ legt Mastermind Tobias Forge sein bisheriges Magnum Opus vor, das sich anschickt, das Phänomen GHOST zu einem der größten Acts in der Rock’n’Roll-Welt werden zu lassen.

GHOST – Prequelle

Man könnte dem Mann aus dem schwedischen Lingköping unterstellen mit geschicktem Kalkül samt allerlei PR-Getöse den ganz großen Durchbruch erzwingen zu wollen. Die Einführung des neuen Hauptprotagonisten Cardinal Copia inklusive dem „Ende“ der bisher diensthabenden Papas wurde passend in Szene gesetzt und breit gestreut. Inszenierungen dieser Art gehörten aber schon immer zum Konzept von GHOST, das nur stetig ausgebaut und perfektioniert wurde.

Entscheidend bei all dem schmückenden Beiwerk ist jedoch, dass die Quintessenz, die Musik, derart mitreißend ist, dass man sich derlei Extravaganzen locker leisten kann. Nach dem Abgang seiner bisherigen Mitmusiker inklusive Rechtsstreit blieb abzuwarten, in welche Richtung Forge mit dem GHOST-Sound gehen würde. Auf Prequelle ist von der ersten bis zur letzten Note seine ureigene Handschrift zu erkennen, die alte Trademarks mit einem Maximum an Hitappeal verbindet.

Nach einem einstimmenden Intro folgt mit „Rats“ die erste Single-/Videoauskopplung des Albums, die in bester Ozzy / Randy Rhoads-Manier den (Stadion-) Metal der 80er hochleben lässt. Mit „Faith“ und seinen groovenden Riffs gibt es anschließend den wohl „härtesten“ Track auf Prequelle zu hören. „See The Light“ könnte man als metaphorischen Kommentar zu den Querelen mit seinen ehemaligen Kollegen verstehen. Hier wird deutlich, dass das Piano und Keyboards deutlich mehr Gewicht im Gesamtsound bekommen, als jemals zuvor. Selbst ein entfesselt aufspielendes Saxophon findet seinen Platz („Miasma“) und passt erstaunlicherweise ebenfalls wie Arsch auf Eimer.

„Dance Macabre“ und „Witch Image“ sind herrliche AOR-Hymnen, die mit catchy Melodien und sich ins Hirn fressenden Refrains nur so um sich schmeißen. Das Forge wohl auch das Talent für große Filmscores besitzt, beweist er u.a. mit „Pro Memoria“, dessen Auftakt und sein orchestrales Ende ganz großes Kino sind (…der Zwischenteil natürlich auch!). In eine ähnliche Kerbe schlägt das zweite Instrumental „Helvetesfonster“, das noch einmal das musikalische Thema von „Pro Memoria“ aufnimmt und variiert. Den krönenden Abschluss bildet die überwältigende Powerballade „Life Eternal“, die einen diabolisch entzückten Hörer zurücklässt, der ob derartiger Songgewalt nur ungläubig staunen kann.

Ich wage zu behaupten, dass Tobias Forge alias Cardinal Copia mit Prequelle einen modernen Klassiker geschaffen hat, den man zukünftig neben die bekannten Werke der absoluten Genre-Giganten stellen wird. Zahlreiche Zitate und Verweise auf die Rockgeschichte untermauern seine Fähigkeiten als genialer Songschreiber, der seine Vision vom perfekten Rock’n’Roll-Entertainment stringent verfolgt. So ist Forge mit GHOST auf dem besten Weg alsbald in einem Atemzug mit KISS oder IRON MAIDEN genannt zu werden. Seine Show ist bereits verdammt nahe dran!

GHOST – Prequelle (Spinefarm / Universal)

(Jens)